Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Fliegender Pädagoge
Ein Hamburger Lehrer ist mit der fliegenden US-Sternwarte „Sofia“unterwegs – und sammelt Unterrichtsmaterial
HAMBURG (epd) - Die fliegende Sternwarte der US-Weltraumbehörde NASA beobachtet die Entstehung neuer Sterne in der Milchstraße. Mit an Bord der Boeing 747 „Sofia“ist der 53-jährige Mathe- und Physiklehrer Matthias Hünsch aus Hamburg. Er ist einer von vier Lehrern aus Deutschland, die kürzlich an dem Sternenflug teilgenommen haben.
„Mir geht ein Lebenstraum in Erfüllung“, sagt Hünsch. Der studierte Astrophysiker ist seit 2008 Lehrer an der Evangelischen Wichern-Schule in Hamburg. Zuvor widmete er sich knapp zehn Jahre lang als Wissenschaftler in Garching (bei München) und an der Uni Kiel dem Kosmos und den Sternen. Freiberuflich ist Hünsch auch an der Hamburger Sternwarte in Bergedorf engagiert, wo er regelmäßig seinen Schülern in Astro-Kursen den abendlichen Sternenhimmel erklärt.
Der Sternen-Flieger startete in Palmdale bei Los Angeles im USBundesstaat Kalifornien. Weil der „Jumbo“bis in die Stratosphäre steigen kann, lässt sich Infrarot-Strahlung aus den Weiten des Kosmos naIm hezu verlustfrei beobachten. Bodengebundene Teleskope sind dazu nicht in der Lage, weil der Wasserdampf in der Atmosphäre die Infrarot-Strahlung weitgehend abblockt.
Rumpf des weltweit einzigartigen Flugzeuges befindet sich ein etw 17 Tonnen schweres, in Deutschland entwickeltes Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 2,70 Metern. In die Bordwand des Fliegers ist ein etwa viermal sechs Meter großes Rolltor eingebaut. Bei entsprechender Flughöhe öffnet sich die Luke und gibt den Blick fürs Teleskop frei.
„Die Beobachtungen erfolgen rein computergesteuert“, sagt Hünsch – in der offenen Klappe könne sich schließlich niemand aufhalten. Aber die aufgenommenen Daten werden 1:1 auf eine ganze Batterie von Bildschirmen und Rechnern in das Technikzentrum von „Sofia“überspielt. „Es wird grandios sein, das in Echtzeit live verfolgen zu können.“
Die jeweils zehnstündigen Sternen-Trips mit „Sofia“sind ein Projekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der NASA. Die Amerikaner finanzieren und betreiben die Flüge, der deutsche Beitrag ist das Infrarot-Teleskop an Bord des umgebauten Jumbo-Jets.
Partnerschule
Matthias Hünsch, Mathe- und Physiklehrer Die Wichern-Schule ist die einzige Partnerschule von „Sofia“in Hamburg, neben Hünsch sind noch zwei Lehrer aus Baden- Württemberg und einer aus Bayern an Bord. Zur weiteren Crew gehören rund zwei Dutzend Besatzungsmitglieder, davon drei im Cockpit, sowie zehn Techniker. „Den auf normalen Flügen gewohnten Service an Bord wird es natürlich nicht geben.“
Hintergrund für die Lehrer-Mitflüge bei dem Unternehmen ist die Förderung der Naturwissenschaften in den Schulen, den sogenannten „MINT“-Fächern, die vom DLR offensiv unterstützt werden. Hünsch hatte sich um die Beteiligung an dem Programm beworben – und wurde prompt eingeladen.
„Sofia“wurde erst im Juni/Juli 2014 bei der Lufthansa Technik in Hamburg generalüberholt. Der Check galt im wesentlichen der gesamten Bordelektronik und den Flugeigenschaften der Boeing 747. Das 17 Tonnen schwere Teleskop des „Jumbo“erwies sich als okay. Einzelne Verschleißteile wurden ausgetauscht und Instrumente neu justiert.
„Mir geht ein Lebenstraum in Erfüllung.“