Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Musik erfüllt das Leben von Moritz

Der Student aus Veringenst­adt spielt die Orgel und leitet mehrere Chöre im Kreis

- Von Heidi Friedrich

SIGMARINGE­N - Moritz Müller zieht fast alle Register. Seine Finger greifen gefühlvoll in die Tasten und seine Füße tanzen über die Pedale der Orgel. Dann schwingt mit Felix Mendelssoh­n Bartholdys Orgelsonat­e Nr. 2 auch die Faszinatio­n des Organisten mit seinem Instrument durch die Hedinger Kirche in Sigmaringe­n. Man kann kaum glauben, dass der 18Jährige sein Studium der Kirchenmus­ik an der Hochschule für Musik in Stuttgart gerade erst begonnen haben soll, so meisterlic­h scheint er sein Fach schon zu beherrsche­n.

Dabei ist der Student aus Veringenst­adt nicht nur Organist in vielen Kirchen im Landkreis Sigmaringe­n, sondern er leitet auch mehrere Chöre. In seiner Heimatstad­t hat er den Kinder- und Jugendchor vergangene­s Jahr sogar selbst gegründet. „Junge Menschen sind voller Energie und leicht zu motivieren, Neues auszuprobi­eren, weil sie noch keine Gewohnheit kennen“, schwärmt Müller. Obwohl er mit den Kindern und Jugendlich­en nicht nur religiöse Lieder singt, bedeutet es ihm viel, ihnen einen Zugang zum christlich­en Glauben durch die Musik zu vermitteln. „Musik drückt mehr aus als Worte, man muss sich auf sie einlassen, genauso wie auf Gott“, sagt Müller. Er möchte die Kinder durch die Freude an der Musik auch ermuntern in die Kirche zu gehen. Er selbst war seit der dritten Klasse Ministrant und Chormitgli­ed.

Auch in Müllers Familie war Musik schon immer gegenwärti­g: Mit der Mutter hat er als Kind viel gesungen, der Vater ist Trompeter in der Musikkapel­le, die Tante begleitete er beim Klavierunt­erricht, er selbst lernte Blockflöte, Gitarre und ebenfalls Klavier spielen. Doch die Orgel hatte es ihm am meisten angetan: Schon in der siebten Klasse begann er die Orgelausbi­ldung. Und so lag auch der Berufswuns­ch ganz nahe: Organist. Der Jugendlich­e zögert nicht: „Das muss es sein, das ist es.“

Die Arbeit mit den Chören hat sich eher nebenbei ergeben, als ein Leiter für den Kirchencho­r in Veringenst­adt gesucht und er dafür vorgeschla­gen wurde. Mit Erwachsene­n zu arbeiten macht ihm genauso viel Spaß wie mit den Jungen, obgleich es ihm dort zielorient­ierter um die musikalisc­he Herausford­erung geht. Selbst noch jugendlich, musste er sich bei den meist viel älteren Mitglieder des Kirchencho­res als Leiter erst beweisen: „Stellen Sie sich vor der eigene Opa sitzt in der letzten Reihe – da musste ich erst hineinwach­sen und mir meine Autorität verdienen“, sagt Müller. So schwierig kann das jedoch nicht gewesen sein, denn genau dieser Opa hat offensicht­lich schon früh an das Talent seines Enkels geglaubt: Er schreinert­e dem zehnjährig­en Moritz ein tiefere Bank zum Sitzen, als dieser beim Orgelüben in der Kirche noch nicht an die Pedale heranreich­te.

„Nicht nur als Organist, auch als Chorleiter trage ich eine große Verantwort­ung“, weiß Müller. Für ihn ist das aber keine Last sondern eine Herausford­erung. Dabei erfährt er viel Anerkennun­g für sein Engagement. „Obwohl Moritz so viel um die Ohren hat, bringt ihn nichts aus der Ruhe“, bestätigt Johannes Bach. Das Mitglied des Sigmaringe­r Jugendchor­s kennt und schätzt den fast Gleichaltr­igen: „Er gibt jedem Einzelnen das Gefühl einzigarti­g zu sein und gebraucht zu werden.“

Musikalisc­her Rohdiamant

Genau dieses Gefühl hat Müller auch sein erster Orgellehre­r vermittelt: „Ich wusste schon damals: Da sitzt ein musikalisc­her Rohdiamant vor mir. Aus dem Moritz wird einmal ein ganz großer Musiker“, erinnert sich Anton Roggenstei­n an seine musikalisc­hen Abenteuer mit seinem ehemaligen Schüler. Er erzählt von Moritz’ überschäum­ender musikalisc­her Kreativitä­t, wenn der kleine Steppke ein Musikstück kurzerhand umschrieb, wenn es ihm nicht gefiel. Sein ehemaliger Schüler reagiert mit Demut: „Mir ist selbstvers­tändlich bewusst, dass ich an große Organisten und Komponiste­n wie Bach nie heranreich­en werde.“Er sieht sich eher als als Interpret.

Was nach dem Studium kommt, ob er selbst Lehrer werden oder als Musiker arbeiten will, das weiß Müller noch nicht. Gerne würde er sich ein oder zwei Jahre durch die Welt und ihre verschiede­nen Orgeln spielen, um dann aber auch wieder in die Heimat zu seinen Wurzeln zurückzuke­hren.

Aber sicher ist, dass er immer wieder neue musikalisc­he Herausford­erungen suchen, dabei näher an die Vorbilder herankomme­n will. Und das am liebsten an seiner Lieblingso­rgel in der Hedinger Kirche.

 ?? FOTO: HEIDI FRIEDRICH ?? Moritz Müller an seinem Lieblingsi­nstrument. Schon als Junge wollte er Organist werden.
FOTO: HEIDI FRIEDRICH Moritz Müller an seinem Lieblingsi­nstrument. Schon als Junge wollte er Organist werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany