Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Mit Teamgeist und Bale
Der Superstar von Real Madrid ist der Trumpf der Überraschungsmannschaft aus Wales
CARDIFF (SID/dpa/sz) - Als der große Fußballtraum für das kleine Wales Wirklichkeit geworden war, freute sich Gareth Bale wie ein Kind. „Das war die schönste Niederlage meiner Karriere“, sagte der 100- Millionen-Euro-Mann von ChampionsLeague-Sieger Real Madrid. Gemeinsam mit seinen Kollegen bejubelte er in Zenica eine rechnerisch bedeutungslose 0:2-Schlappe gegen Bosnien-Herzegowina. Die Briten hatten die Tickets für die EM-Endrunde gebucht: Es ist der größte internationale Erfolg für Wales, den drittältesten Fußballverband der Welt, seit der Qualifikation für die WM 1958 in Schweden.
Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war der Fußballzwerg ein ums andere Mal gescheitert. Die Waliser lieben ohnehin eher Rugby. Doch derzeit gilt das Interesse ausschließlich den Fußballern – in der Vorrunde geht es nicht nur gegen die Slowakei und Russland, sondern auch gegen den großen Nachbarn England.
Als Vater des Erfolges gilt neben Bale und Mittelfeldspieler Aaron Ramsey vom FC Arsenal Trainer Chris Coleman. Der frühere Nationalverteidiger will allerdings von all den Lobeshymnen nichts wissen. „Ganze Spielergenerationen sind zuvor gescheitert, aber diese Gruppe hat den letzten Schritt gemeistert“, erklärte der 45-Jährige.
Dabei hatte es Coleman nicht leicht und dachte vor vier Jahren nach seinem ersten Pflichtspiel an einen Rücktritt. Denn die Kritik nach einer 1:6-Blamage in der WM-Qualifikation gegen Serbien war vernichtend. Doch der Coach beschwor wieder und wieder das Zusammengehörigkeitsgefühl seines Teams – und langsam ging es aufwärts.
Bales Klasse ist wichtig, doch glaubt man Arsenals Ramsey, ist vor allem der Zusammenhalt der Schlüssel zum Erfolg: „Andere mögen bessere Einzelspieler haben, aber unsere tolle Gemeinschaft gibt den Ausschlag. Wir werden auch in Frankreich nur schwer zu schlagen sein.“
Während der Endrunde wird Coleman wohl oft an seinen Vorgänger Gary Speed denken. Der damals 42-Jährige hatte im November 2011 Selbstmord begangen und Frau sowie zwei Söhne hinterlassen. „Ich wollte die Arbeit in Garys Sinne fortführen“, erinnert sich Coleman, „aber das gelang mir nicht. Ich musste meinen eigenen Weg gehen.“Und er ist ihn nun bis zur EM-Endrunde nach Frankreich gegangen, so wie es sich auch Speed gewünscht hätte. Coleman glaubt an dessen Beistand, wenn es bald gegen die besten Teams Europas geht: „Dann wird sich Gary freuen und lächeln.“