Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Im Kühlschrank gammeln Steaks vor sich hin
Gastwirtepaar aus dem Raum Meßkirch steht vor dem Sigmaringer Amtsgericht – Mann muss 1800 Euro zahlen
SIGMARINGEN/MESSKIRCH - „Alt, dumpf, säuerlich, ekelerregend, das Gefäß war schmierig“– das steht in einem Lebensmittelgutachten über ein Stück Schweinerücken, den eine Kontrolle im Kühlschrank einer Gaststätte im Raum Meßkirch entdeckt hat. Und das war nicht die einzige Beanstandung des Kontrolleurs: Das Frittierfett war verbraucht und hatte einen stechenden Geruch, der Kartoffelsalat war verfärbt und matschig – Küchengeräte, Gefäße, Arbeitsflächen, Kühlschränke waren nicht sauber. Das Gastwirtepaar, das dies zu verantworten hat, stand am Montag vor dem Sigmaringer Amtsgericht. Es war jedoch nicht Gegenstand der Verhandlung, ob das vergammelte Essen den Gästen des Lokals vorgesetzt wurde.
Das Paar betrieb neben der Gaststätte auch ein Bistro. Die Frau hatte beide Einrichtungen gepachtet. Sie kümmerte sich um das Bistro, ihrem Partner überließ sie die Gaststätte, die er als „Mädchen für alles“am Laufen hielt. Bis auf den Koch waren alle Mitarbeiter auf 450-Euro-Basis hier beschäftigt.
Der Küchenchef kam allerdings nur zwei-, dreimal pro Woche zur Arbeit. Dann gab es Schnitzel und Steaks, und er kochte einige Speisen vor, die der Geschäftsführer dann an den anderen Tagen seinen Gästen anbot. „Wir hatten eine kleine, ausgewählte Speisekarte“, sagte dieser vor Gericht. Der Koch soll ein Alkoholproblem gehabt haben und auch sonst nicht gerade zuverlässig gewesen sein, machte der Angeklagte deutlich.
Der Kontrolleur, der als Zeuge geladen war, sagte seinerseits: „Ich bezweifle, dass der Koch überhaupt kochen kann.“Trotzdem ließ der Angeklagte ihn gewähren. Für die Küche sei der Koch verantwortlich gewesen, betonte er zu seiner Entlastung. Das Paar war ohne Rechtsanwalt vor Gericht erschienen. Doch das ließ Richterin Nadine Zieher nicht gelten: „Sie haben gewusst, dass der Koch unzuverlässig ist und haben den kleinen Trunkenbold trotzdem in der Küche schalten und walten lassen“, sagte sie später in ihrer Urteilsbegründung. „Der hätte ja alles
das steht in einem Lebensmittelgutachten über ein Stück Schweinerücken.
in die Suppe werfen können“, hielt sie dem Angeklagten vor. „Sie haben die Verantwortung gehabt. Und nach ihrer langjährigen Erfahrung in der Gastronomie hätten Sie wissen müssen, wie es zugehen sollte.“Der Angeklagte zeigte sich reumütig und gab zu, dass manches nicht korrekt gelaufen sei.
Der Kontrolleur machte jedoch deutlich, dass nicht nur manches schief gelaufen ist, sondern eine ganze Menge: „Schon der erste Gesamteindruck war miserabel“, sagte er. Dreimal sei er in der Gaststätte gewesen, und es habe sich zwischen den unangemeldeten Besuchen kaum etwas verbessert. „Der Geschäftsführer macht was, aber immer nur das Minimalste“, sagte er. „Ohne Hilfe kriegt er es nicht in den Griff, die Küche zu führen.“Nach dem dritten Besuch gab es dann die Anzeige, die zur Gerichtsverhandlung führte.
Inzwischen hat der Wirt Hilfe erhalten. Seine Partnerin hat sich entschlossen, das Bistro aufzugeben und in der Gaststätte einzusteigen. Auf die Aussage des Kontrolleurs, er sei nach seinem dritten Besuch nicht mehr in der Gaststätte gewesen, sagte sie: „Kommen Sie nur, es ist jetzt besser.“Da ihr nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie von den Missständen in der Gaststätte gewusst hatte, einigten sich Richterin Nadine Zieher und Staatsanwältin Miriam Schuler darauf, ihr Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Sie muss 600 Euro an die soziale Einrichtung „Weißer Ring“bezahlen.
Der Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätze à 30 Euro verdonnert. Der Hauptvorwurf: Er hätte als Verantwortlicher all die miserablen Zustände in der Gaststätte billigend in Kauf genommen.
„Alt, dumpf, säuerlich, ekelerregend, das Gefäß war schmierig“,