Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Trauungen an Wunschorten sind begehrt
1200 Standesbeamte auf Fachtagung in Friedrichshafen – Standesämter als Ort von Event-Trauungen
FRIEDRICHSHAFEN - An die 1200 Standesbeamte aus dem ganzen Land haben sich am Dienstag und Mittwoch für zwei Tage das GrafZeppelin-Haus in Friedrichshafen als Forum für fachliche Fortbildung ausgesucht. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das Standesamt nach wie vor Ort der Eheschließung und romantischer Trauungen. Passieren tut allerdings viel mehr.
„Das ist aber längst nicht mehr die Realität. Rechtsfragen in Zeiten großen gesellschaftlichen Wandels spiegeln sich denn in den Themen der Fachtagung wider“, erklärt Manfred Neumann, Vorsitzender des Fachverbandes der Standesbeamten des Landes im Gespräch mit der SZ.
Standesamt aber bedeutet heute immer noch trauen und heiraten. „Das ist das Schönste und Vornehmste, was wir machen“, meint Neumann. Dabei bekommt der klassische Fall, ein deutsches und kinderloses Paar tritt vor den Standesbeamten, „Seltenheitswert“, sagt Verena Rathgeb-Stein, Standesbeamtin in Stuttgart. Im klassischen oder den vielen anders gearteten Fällen bekomme eine weltliche Trauung aber immer mehr Event-Charakter. „Vor allem dann, wenn nach Scheidung eine Trauung kirchlich nicht mehr möglich sei. „Das Schönste für uns ist dann“, so Verena Rathgeb-Stein, wenn es heiße, „der Pfarrer hätte es nicht schöner machen können“. Dann habe ein Standesbeamter das Gefühl, man habe die Menschen dort abgeholt, wo sie abgeholt werden wollen.
Trend nach wie vor auf den Standesämtern: Man heiratet an einem Datum mit Schnapszahl. Und, Eheschließung an Wunschorten statt in vermeintlich verstaubten Amtsstuben. Das kann in einem Schloss, in einem historischen Dampfzügle, auch auf der Hohentwiel sein. Vorausgesetzt sie liegt im Hafen. Das entscheidende Wort hat dabei aber nicht das Brautpaar, sondern das jeweilige Standesamt. Dabei muss nach Worten von Manfred Neumann der „Trauort als Außenstelle des jeweiligen Standesamtes öffentlich bekannt gemacht werden“.
Dessen ungeachtet: Die Berufswelt der Standesbeamten (der einstige Männerberuf wird immer mehr zum Frauenberuf) steht vor „gewaltigen Veränderungen“, sagt Neumann. „Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare, Urkunden und romantische Hochzeiten. Damit verbinden viele Bürger die Arbeit in den Standesämtern.“Das Alltagsgeschäft der Standesbeamten sei aber weitaus vielfältiger.
Die Vielfalt spiegelt sich im Veranstaltungsprogramm wider: Da geht es um Familienrecht in islamischen Ländern oder um Flüchtlinge im internationalen Personenstandsrecht. Des Weiteren geht’s um neue Wertvorstellungen und Lebensformen, die sich in Themen wie Leihmutterschaft, Trans- und Intersexualität, Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare, „DuoMutterschaft“und „Co-Vaterschaft“niederschlagen.
Mit eine große Herausforderung sei, so Verena Rathgeb-Stein, stellvertretende Vorsitzende des Fachverbandes, dass seit 2009 jedes Wohnsitzstandesamt, und sei es auch noch so klein, für alle Ausländerangelegenheiten zuständig sei. Beispiel: Etwa auch für einen deutschen Geburteneintrag für ein Findelkind aus Nepal, das Adoptiveltern nach Deutschland geholt haben.