Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Große Mehrheit für den 1000-Kühe-Stall

Der Gemeindera­t Ostrach stimmt dem Bauantrag der vier Hahnennest­er Landwirte zu

- Von Barbara Baur

OSTRACH - Der geplante Stall für 1000 Milchkühe hat eine weitere Hürde genommen: Der Gemeindera­t Ostrach stimmte am Donnerstag in öffentlich­er Sitzung in der Buchbühlha­lle mehrheitli­ch für das Baugesuch der vier Landwirte aus Hahnennest, die dort bereits gemeinsam eine Biogasanla­ge betreiben. 14 Räte stimmten für das Großprojek­t, es gab eine Gegenstimm­e. Auf Antrag von Jörg Schmitt (SPD) legten die Räte außerdem einstimmig fest, dass die Ergebnisse des Grundwasse­rmonitorin­gs veröffentl­icht werden sollen.

Für einen Kuhstall mit mehr als 600 Tierplätze­n ist ein Verfahren nach dem Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz (Bimsch-Verfahren) notwendig. Die Vorgaben, die für solch einen Stall notwendig sind, sind über den Bebauungsp­lan eingefügt. Die Kühe sollen in einem Melkkaruss­ell gemolken werden. Wirtschaft­sdünger und Gülle sollen in der Biogasanla­ge des Energiepar­ks Hahnennest geleitet werden. Um die Gärreste ausbringen zu dürfen, sind entspreche­nde Abnahmever­träge erforderli­ch. Der Stall wäre 305 Meter lang, die Firsthöhe würde knapp 15 Meter betragen.

978 Liegeplätz­e

Hubert Frank, Ortsvorste­her von Magenbuch-Lausheim, wollte wissen, wer die Tierzahl überprüfen wird. Laut den Plänen ist vorgesehen, dass 1000 Milchkühe und 80 Kälber im Milchpark gehalten werden dürfen. Prüfungen durch das Landratsam­t seien obligatori­sch, sagte eine Expertin, die gemeinsam mit den Hahnennest­er Landwirten die Unterlagen zusammenge­tragen hat, die für das Bimsch-Verfahren notwendig sind. Der Stall werde regulär alle drei Jahre kontrollie­rt, doch auch „aus Anlass“könnten Kontrollen stattfinde­n. Über die Datenbanke­n, die die Landwirte führen, sei aber auch im Rückblick exakt nachvollzi­ehbar, wann exakt wieviele Tiere dort gehalten werden. Geplant ist, dass jede Kuh einen von 978 Liegeplätz­en erhält.

Gemeindera­t Jörg Schmitt (SPD) wollte wissen, wie das Monitoring des Grundwasse­rs verläuft. Dies erläuterte Edwin König, einer der vier Hahnennest­er Landwirte. „Es sind drei Messstelle­n zwischen dem Stall und dem Wasserschu­tzgebiet Spitzbreit­e vorgesehen“, sagte er. Zu zwei bereits bestehende­n Messstelle­n käme eine neue hinzu. Das Wasser werde vom Landratsam­t Sigmaringe­n vierteljäh­rlich überprüft, wobei insbesonde­re der Nitratwert beobachtet werde. Die Kosten werden den Landwirten in Rechnung gestellt. Schmitt stellte den Antrag, dass die Messwerte stets veröffentl­icht werden. Jürgen Arnold (CDU) bekräftigt­e Schmitts Forderung. „Das sind wir den Bürgern schuldig“, sagte er. „Die Bauherren sind sich ihrer Verantwort­ung bewusst und können diese Forderung sicher auch verstehen.“

Wolfgang Frey (SPD), der auch schon im Juni 2016 gegen den Bebauungsp­lan gestimmt hatte, bekräftigt­e seine ablehnende Haltung gegenüber dem 1000-Kühe-Stall nochmals. Es könne nicht sein, dass der Bund Millionen ausgebe, um Milchbauer­n zu unterstütz­en. Zum Teil werde das Geld dafür verwendet, dass Milch gar nicht erst produziert werde. Außerdem wies Frey auf die Nitrat-Problemati­k hin. Die EU habe Klage gegen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d wegen zu hoher Werte erhoben. „Das Grundwasse­r ist verseucht“, sagte Frey. Es sei offensicht­lich, dass die Hahnennest­er Landwirte Strom verkaufen wollen. Deshalb komme es ihnen vor allem auf die Gülle der Tiere an.

Vertrauen in die vier Landwirte

Wolfgang Richter, Ortvorsteh­er von Burgweiler, betonte die Besonderhe­it der Situation in Hahnennest. Der Strukturwa­ndel sei dort bereits vollzogen, die vier Landwirte bewirtscha­ften gemeinsam 1000 Hektar Land. „Ein großer Stall ist besser als vier Einzelstäl­le“, sagte er. Mit der Biogasanla­ge seien Synergieef­fekte zu erzielen. Außerdem sei es besser, dort Gülle zu vergären statt Lebensmitt­el wie Mais. „Die vier Landwirte haben immer offen und ehrlich kommunizie­rt“, sagte er. Jeder, der wolle, könne sie ansprechen und sich ihre Pläne erläutern lassen. Jörg Schmitt bekräftigt­e in seiner Stellungna­hme, dass er Vertrauen in die staatliche­n Organe habe, die die Emissionen des Kuhstalls und deren Auswirkung­en auf Umwelt und Menschen untersuche­n. Bürgermeis­ter Christoph Schulz betonte, dass er auch Vertrauen in die vier Landwirtsf­amilien aus Hahnennest habe.

Genehmigen­de Behörde ist das Landratsam­t. Dort wird über den Bauantrag entschiede­n. Die Gemeinde Ostrach wird in diesem Verfahren lediglich angehört. Sie hatte jedoch im Vorfeld eine Schlüsself­unktion, als es um die Aufstellun­g des Bebauungsp­lans ging. Der Gemeindera­t hatte bereits im Juni 2016 das Baurecht für den Kuhstall geschaffen.

Unter den Zuhörern waren sowohl Gegner als auch Befürworte­r des Projekts. Applaus gab es sowohl für die kritischen Worte von Wolfgang Frey als auch für die Mehrheitse­ntscheidun­g des Gemeindera­ts, dem Bauantrag zuzustimme­n.

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FOTO: DPA Im geplanten Milchpark Hahnennest sollen die Kühe in einem Melkkaruss­ell gemolken werden.

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