Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Unterschiedliche Ansichten zur Homo-Ehe
Bareiß spricht sich gegen Gleichstellung aus – SPD und Grüne halten Regelung für nicht mehr zeitgemäß
SIGMARINGEN - Der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Zollernalb-Sigmaringen, Thomas Bareiß
(CDU), hat sich in aller Deutlichkeit von der Forderung nach einer Ehe für alle ausgesprochen. Die „Schwäbische Zeitung“hat sich umgehört, was Betroffene und andere Politiker davon halten.
„Ich finde ein solches abgekürztes Verfahren und die Haltung der SPD dazu unanständig und unwürdig“, zitiert die deutsche Presseagentur den Abgeordneten. Bareiß beschuldigt die SPD mit ihrem Vorstoß zur Ehe für alle und die zügige Abstimmung darüber des Koalitionsbruchs, es sei nur eine gemeinsame Initiative vereinbart gewesen. „Für mich ist Ehe ein geschützter Begriff und Basis für Familie und Kinder“, sagt Bareiß mit Verweis auf das Grundgesetz. „Eine gänzliche Gleichstellung kann es aus meiner Sicht nicht geben.“Er selbst werde bei einer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeschlagenen Abstimmung ohne Fraktionszwang auf jeden Fall dagegen stimmen, betont Bareiß.
„Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist für einen modernen und offenen Staat wie Deutschland längst überfällig. Ich finde es gut, dass kommenden Freitag der Bundestag über den Gesetzentwurf der Ehe für alle abstimmen wird“, sagt Andrea Bogner-Unden
(Grüne). Es sei eine großartige Chance, die langjährige Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren komplett zu beenden. Für Bogner-Unden seien die Menschenrechte und die Selbstbestimmung das Wichtigste, was sie direkt mit ihrem christlichen Glauben verbinde.
Thema immer wieder besprochen
„Herr Bareiß scheint in den vergangenen Jahren nicht mitbekommen haben, dass dieses Thema Grundlage von mehreren Sitzungen war“, sagt die Bundestagskandidatin der SPD,
Stella Kirgian-Efrimidou. Von 2013 bis jetzt habe die Regierung siebenmal über dieses Thema beraten – immer mit dem Ergebnis, das die CDU/ CSU gerade die Abstimmung zur Ehe für alle immer wieder geblockt habe. Wenn Herr Bareiß jemandem Vorwürfe über Koalitionsbruch machen möchte, dann wäre dieser Vorwurf eigentlich bei der Kanzlerin an der richtigen Adresse: sie hat dieses
Thema zur „Gewissensentscheidung“der Parlamentarier gemacht und ist somit von der klaren NeinHaltung der Union abgewichen. „Es ist an der Zeit, dass wir neben vielen anderen Ländern nun auch diesen Schritt machen, um diesen Paaren endlich Sicherheit und Glück zu geben“, sagt die Kandidatin. Susanne Fuchs, Vorsitzende des
Ortsvereins der SPD in Sigmaringen sagt im Gegensatz zu Bareiß: „Endlich kommt da mal Bewegung rein, das hat lange genug gedauert.“In unserer Zeit sei es absurd, bei der Ehe ob homo- oder heterosexuell Unterschiede zu machen.“
„Kein neues Thema ist die Ehe für alle“, oft diskutiert, und es wird Zeit, dass es beschlossen wird“, sagt Knut Kiem, der zu seiner Homosexualität steht. Die Erde drehe sich nun mal und die Diskriminierung von gleichgeschlechtlich Lebenden sollte auch in Deutschland zur Vergangenheit gehören. Es gehe um die Gleichbehandlung von Menschen, Gewährleistung gleicher Rechte und einen Stopp der Diskriminierung von Menschen. „Vielleicht muss sich Herr Bareiß die Frage stellen, ob in einer offenen Gesellschaft, wie wir sie heute sein wollen, die Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen nicht schon lange erwartet und umgesetzt sein müsste.“
Viele europäische Länder gäben hierfür ein gutes Beispiel. Die Niederlande hätten es 2001 geschafft, alte Zöpfe abzuschneiden. Bareiß dürfe gerne seine persönliche Ansicht behalten. „Wir leben in einer Demokratie, und der Wähler selbst entscheidet, was er wählt. Ich persönlich freue mich mit allen Menschen, wenn wir uns mit Anerkennung der Privatsphäre, gegenseitiger Wertschätzung und Respekt begegnen. „Die Ehe für alle ist längst überfällig“, sagt Kiem.
Der Landtagsabgeordnete Klaus Burger (CDU) ist der Ansicht, dass der Begriff Ehe geschützt ist und das Fundament unserer Wertegemeinschaft symbolisiert. „Wir haben in vergangenen Jahren Ausgleichungen gemacht, sodass die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zusätzliche Rechte haben und steuerrechtlich gleichbehandelt werden“, sagt Burger. Wenn alles so bliebe, wären diese Paare nicht diskriminiert. „Vollkommen unseriös ist es, solch eine Entscheidung in so einer Zeitenge durchzudrücken.“