Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Visionen vom Fliegen, Schweben und Fallen
Im Kloster Bad Schussenried gibt es historische und gegenwärtige Kunst rund ums Fliegen
BAD SCHUSSENRIED - Der Traum vom Fliegen ist so alt wie die Menschheit selbst. Die neue Sommerausstellung im Kloster Bad Schussenried widmet sich nun diesem Thema: „Schweben – Fliegen – Fallen“lautet der Titel der Schau, die am Samstag offiziell eröffnet wurde und bis zum 29. Oktober zu sehen ist.
Der Bibliothekssaal des Klosters hat die Kuratorin Ricarda Geib aus Stuttgart zu der Ausstellung inspiriert.
Vor zwei Jahren hatte sie bereits eine Ausstellung in Bad Schussenried realisiert. „Damals fiel mir die Abbildung von Caspar Mohr besonders ins Auge“, sagt sie.
Der Ordenspriester lebte im 17. Jahrhundert im Kloster Schussenried und galt als Universalgenie – berühmt machten ihn jedoch seine Flugversuche. „Damals wusste ich, dass ich das Fliegen thematisch in einer Ausstellung umsetzen möchte“, sagt Geib. 36 Künstler aus Deutschland, Österreich, Italien und Argentinien zeigen in der rund 1000 Quadratmeter großen Ausstellung rund 100 Werke. Manche Arbeiten sind historisch, etwa die des oberschwäbischen Visionärs Gustav Mesmer, der Anfang des 20. Jahrhunderts lebte.
Mit Mitte 20 wurde er in die psychiatrische Heilanstalt Schussenried eingeliefert, der Gedanke ans Fliegen war sein Leben lang allgegenwärtig. Er zeichnete und bastelte Flugmodelle in allen Variationen – einige davon, unter anderem sein Flugrad, sind in der aktuellen Schau zu sehen.
Den Großteil der Ausstellung machen aber künstlerische Visionen der Gegenwartskunst aus. Kunsthistorikerin Ricarda Geib hat zu vielen Künstlern persönlich Kontakt aufgenommen. „Mir war es wichtig, dass die Künstler bei ihrer Arbeit die besonderen Räumlichkeiten mit im Blick haben und die Arbeiten im Dialog mit dem barocken Gemäuer entwickeln“, sagt sie. Einige der raumgreifenden Installationen, außergewöhnlichen Skulpturen, Videos und Malereien wurden also eigens für die Schau kreiert. Während einige Werke sich mit dem Fliegen an sich beschäftigen, geht es bei anderen Künstlern auch um die Schwerelosigkeit. Mischa Kuball, Künstler und seit 2007 Professor für Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien Köln, hat einen Kosmosraum eingerichtet. Durch Lichtspiele wird dem Besucher ein Zustand des Schwebens suggeriert. Im Kontrast zu diesem fast schwarzen Raum erzeugt Lila Karbowska-Minard nebenan eine Welt über den Wolken: Auf dem Boden ist Transparentpapier geschichtet und geformt, das einströmende Licht färbt spezielle Folien blau.
Ein Lieblingsobjekt der Kuratorin, die unter anderem auch als Dozentin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart arbeitet, ist die utopische Raumkapsel von Martin Pfeifle aus Düsseldorf. „Die Installation bringt den barocken Korridor zum Schweben und erzeugt ein besonderes Licht“, sagt sie. Pfeifle hat auch eine Außeninstallation beigesteuert: Das Werk „Onda“, das eine hölzerne Welle bildet, nutzen Besucher als Sitzgelegenheit.
Geib war wichtig, dass sich die Ausstellung nicht nur an Kunst-Kenner richtet, sondern an ein gemischtes Publikum. „Deshalb haben wir mehrere Erlebnisräume in der Schau geschaffen, die auch für Kinder spannend sind“, sagt sie. Außerdem soll es bis Oktober viele Veranstaltungen geben, die auf Familien zugeschnitten sind, etwa eine spezielle Führung, Theateraufführungen und Spiele auf der Wiese um das Kloster..