Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Republikaner wagen keinen offenen Aufstand gegen Trump
In Washington mehren sich die Szenarien, nach denen sich die Republikanische Partei über kurz oder lang von US-Präsident Donald Trump lossagen wird. Bislang haben sich derartige Drehbücher als wirklichkeitsfremd erwiesen, zumal in der US-Hauptstadt oft nicht wahrgenommen wird, dass etliche Trump-Wähler ihrem Idol die Treue halten, weil sie in ihm einen Rächer im Kampf gegen das Establishment sehen. Neue Nahrung haben die Gerüchte deshalb bekommen, weil Mike Pence, der bislang so servile Vizepräsident, begonnen hat, diskret auf Distanz zu gehen.
Als durchsickerte, dass Trumps ältester Sohn Donald jr. bereit war, russische Hilfsangebote anzunehmen, um Munition gegen Hillary Clinton in die Hand zu bekommen, schlug Pence auffallend leise Töne an, statt sich schützend vor die Familie seines Vorgesetzten zu stellen. Er schenke Geschichten aus dem Wahlkampf nur wenig Beachtung, ließ der Ex-Gouverneur Indianas wissen. Bereits im Mai hatte er, mit Blick auf die Wahl 2020, ein eigenes Aktionskomitee gegründet. Der Schritt, der im Allgemeinen einer Kandidatur vorausgeht, ist ungewöhnlich für die Nummer 2 der Administration, zumal in einer derart frühen Phase seiner Amtszeit.
Pence, schließen manche Auguren daraus, könnte in Zukunft das Ruder von Trump übernehmen. Bei solchen Prognosen ist Vorsicht geboten, schließlich hat das Inseldenken Washingtons die Auguren auch im vorigen Jahr dazu verleitet, Trump grob zu unterschätzen. Doch der Unmut auf den Parlamentsbänken der Republikaner ist nicht zu überhören.
Vor allem liegt es daran, dass Trump nicht liefert. Bis zur Sommerpause wollte die „Grand Old Party“einige ihrer zentralen Projekte durch den Kongress gebracht haben. Sie wollte jene womöglich kurze Zeitspanne nutzen, in der sie sowohl die Exekutive als auch die Legislative kontrolliert, bevor im November 2018 die Midterm Elections anstehen und sich parlamentarische Mehrheitsverhältnisse ändern könnten. Bisher ist allenfalls Stückwerk zu sehen.
Die Abwicklung der Gesundheitsreform Barack Obamas, der gemeinsame Nenner, auf den sich Republikaner aller Schattierungen in der Opposition immer einigen konnten, tritt auf der Stelle, weil sich die Alternative als unpopuläres Sparpaket erweist, das über 20 Millionen Amerikaner um ihre Krankenversicherung zu bringen droht. Der Plan einer Steuerreform ist vorerst aufgeschoben. Hatte Trump in der Nacht seines Wahlsieges versprochen, in einem Kraftakt die vielerorts veraltete Infrastruktur zu modernisieren, so ist von einer Investitionsoffensive weit und breit nichts in Sicht.
Jedoch mangelt es nicht an Parteifreunden, die Trump dafür bewundern, dass er ihnen neue Wählerschichten erschlossen hat. John McCain, der Veteran aus Arizona, warnt zudem, dass seine Partei noch immer eine Schockphase durchlaufe, nachdem der Politikamateur Trump 2016 all die Gesetzten an den Rand gedrängt habe. Im Übrigen gebe es mit einem neuen Präsidenten, der sich erst hineinfinden müsse ins Amt, fast immer Probleme. Es klang nicht so, als wollte McCain in der Rolle Howard Bakers zum Aufstand blasen. Noch nicht jedenfalls.