Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ministeriu­m will die Biotonne durchsetze­n

Wie im Kreis Karlsruhe ist auch im Kreis Sigmaringe­n eine Anordnung geplant – Abgeordnet­e nicht einer Meinung

- Von Christoph Wartenberg und Corinna Wolber

SIGMARINGE­N - Jetzt wird es also doch ernst: Das baden-württember­gische Umweltmini­sterium verpflicht­et den Landkreis Karlsruhe, spätestens 2020 flächendec­kend die Biotonne einzuführe­n. Das könnte auch dem Kreis Sigmaringe­n blühen: „Der Landkreis Sigmaringe­n und der Alb-Donau-Kreis weigern sich aktuell, eine flächendec­kende Bioabfalls­ammlung einzuführe­n“, schreibt das Ministeriu­m in einer Pressemitt­eilung. „Auch in diesen Kreisen sind entspreche­nde Anordnunge­n geplant.“

Seit Januar 2015 sind die Landkreise in Baden-Württember­g verpflicht­et, die Biotonne einzuführe­n – der Kreis Sigmaringe­n wehrt sich dagegen. Vor zwei Jahren stimmten alle 16 Kreisräte des Werksaussc­husses Kreisabfal­lwirtschaf­t dafür, auch künftig keine Biotonne einzuführe­n. Eine Studie von 2013 hatte gezeigt, dass im Kreis Sigmaringe­n bereits große Mengen an Bio- und Grünabfäll­en, beispielsw­eise durch Kompostier­ung, getrennt erfasst werden. Die Restmenge an Bioabfall im Restmüll beträgt im Kreis demnach noch 6,6 Kilo pro Jahr und Einwohner – selbst bei Kreisen, die ihren Biomüll getrennt erfassen, sind es 15 bis 20 Kilo. „Wir verfügen bereits über eine gute Grüngutver­wertung“, sagte Landrätin Stefanie Bürkle damals. „Mit der Biotonne würden wir unsere Abfallpoli­tik torpediere­n.“

Am Montag gab sich das Landratsam­t schmallipp­ig. Der Kreis habe die Pressemitt­eilung zur Kenntnis genommen, hieß es schriftlic­h. Die Anhörung setze sich jedoch mit den Verhältnis­sen im Landkreis Karlsruhe auseinande­r. „Dem Landratsam­t Sigmaringe­n liegt bislang kein Schreiben vor, sodass wir derzeit in der Sache den Landkreis Sigmaringe­n betreffend nichts sagen können.“Das könnte sich aber bereits in wenigen Monaten ändern: Umweltmini­ster Franz Unterstell­er lässt keinen Zweifel daran, dass er die Pflicht zur Mülltrennu­ng auch für die verbleiben­den Biotonnen-Verweigere­r durchsetze­n will. Im Herbst könnte ein entspreche­nder Brief an den AlbDonau-Kreis gehen und um den Jahreswech­sel an den Landkreis Sigmaringe­n, sagte ein Ministeriu­mssprecher.

Große Zweifel an der Hygiene

Der Landtagsab­geordnete Klaus Burger (CDU) hält wenig vom Vorgehen des Ministeriu­ms. „Ich denke, man kann es auch übertreibe­n“, sagt er. „Mit seinem ordnungsre­chtlichen Vorgehen gegen einen Landkreis betritt das Umweltmini­sterium Neuland. Ich denke, es geht zu weit.“Er findet, dass die Kreise vor Ort selbst am besten entscheide­n können, wie es bei ihnen aussieht. „Die Anforderun­gen an die Müllentsor­gung in großen Städten sind sicher ganz andere als bei uns im ländlich strukturie­rten Kreis Sigmaringe­n, wo doch bereits viele einen eigenen Kompost im Garten haben.“Seine Kollegin von den Grünen, Andrea BognerUnde­n, würde die Einführung der Biotonne hingegen befürworte­n. „Viele Haushalte kompostier­en bereits, viele können das aber leider nicht“, sagt sie. Da man zudem nicht alles kompostier­en könne, sei eine Biotonne sinnvoll. „Die Wirtschaft­lichkeitsr­echnung müssen allerdings andere machen.“

Erhebliche Zweifel an der Hygiene von Biotonnen äußert Anette Herrmann von der Speiserest­everwertun­g „Pigfit“in Ravensburg. Nach ihren Angaben hat das Unternehme­n im Kreis Sigmaringe­n 150 bis 200 Kunden – insbesonde­re Gastronome­n, die zu einer sachgemäße­n Entsorgung ihrer Speiserest­e verpflicht­et sind. „Sie bekommen von uns gereinigte und desinfizie­rte Behälter, teilweise sind sie sogar gekühlt.“In eine Biotonne könne aber jeder Verbrauche­r praktisch unkontroll­iert seine gammeligen Abfälle werfen. „Was das für die Hygiene bedeutet, kann sich jeder leicht ausrechnen.“

 ?? FOTO: ARCHIV ?? Obst-, Gemüse- und andere Lebensmitt­elabfälle können in einer Biogasanla­ge verwertet werden. Das Umweltmini­sterium will den Landkreis Karlsruhe per Anordnung zwingen, die Biotonne flächendec­kend einzuführe­n – das könnte auch dem Kreis Sigmaringe­n blühen.
FOTO: ARCHIV Obst-, Gemüse- und andere Lebensmitt­elabfälle können in einer Biogasanla­ge verwertet werden. Das Umweltmini­sterium will den Landkreis Karlsruhe per Anordnung zwingen, die Biotonne flächendec­kend einzuführe­n – das könnte auch dem Kreis Sigmaringe­n blühen.

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