Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Neue Liebe aus Fernost
China investiert immer stärker in Afrika – Das mindert den Einfluss westlicher Entwicklungshilfe
ie Dimensionen der Baustelle sind gewaltig: 140 Meter hohe Pylone ragen diesseits und jenseits der Bucht von Maputo in den afrikanischen Himmel. Zwischen ihnen soll eine 680 Meter lange Hängebrücke gespannt werden, künftig die längste in Afrika. 785 Millionen US-Dollar lässt sich der Staat Mosambik den Bau kosten, mit dem der Süden des Landes besser an die Hauptstadt Maputo angeschlossen werden soll. Die Eröffnung ist für kommendes Jahr geplant.
Bauherr des Mammut-Projekts ist die China Road and Bridge Corporation, das drittgrößte Bauunternehmen der Welt mit Sitz in Peking. Beteiligt ist aber auch Know-how aus Bayern: Die Nürnberger Firma Gauff Engineering ist von den Chinesen mit der Qualitätsüberwachung der Arbeiten beauftragt worden. „Afrika ist unser Kernmarkt“, berichtet Gauff-Sprecher Andreas Raftis. Meist geht es bei den Projekten des Unternehmens um Straßenbau, Wasserversorgung oder Energie. Die übliche Arbeitsaufteilung: Die Deutschen überwachen die Bauarbeiten, die Chinesen führen sie aus.
„China ist in Afrika in vielen Bereichen der größte Konkurrent für Deutschland“, sagt Stefan Liebing vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Eine Zusammenarbeit wie im Fall der Firma Gauff hält er deswegen für vorbildhaft. „Mir ist es lieber, wir haben einen Teil der Projekte, als wenn wir ganz außen vor sind.“Denn in Afrika, wo sich die Bevölkerung bis 2050 verdoppeln wird, ist der Bedarf an Infrastruktur gigantisch. Straßen, Kraftwerke, Bahnlinien – alles wird benötigt, und wenn gebaut wird, sind in der Regel die Chinesen mit von der Partie.
Alles aus einer Hand
„China hat als Partner für die Afrikaner zwei Vorteile“, berichtet ein deutscher Diplomat, der in einer afrikanischen Hauptstadt stationiert ist. „Sie sind billiger als westliche Konkurrenten, und sie bieten alles aus einer Hand: Sie bauen und bringen die Finanzierung gleich mit.“So wird auch im Fall der Maputo Bridge der Löwenanteil der Kosten vom Kredit einer chinesischen Bank gedeckt.
Den Regierenden in Afrika sind die finanzstarken Investoren höchst willkommen. Denn sie begrenzen den Einfluss der westlichen Staaten und ihrer Entwicklungshilfe. Während des Kalten Krieges hatten die USA oder auch Frankreich selbst üble Diktatoren finanziell gepäppelt, um sie im antikommunistischen Lager zu halten.
Einmischung nicht erwünscht
Erst seit den 1990er-Jahren mahnen die Geldgeber mit mehr Nachdruck eine „gute Regierungsführung“an. „Der Westen hat immer noch die Tendenz mit dem Zeigefinger zu wackeln und die Afrikaner zu belehren, was sie zu tun haben“, kritisiert der deutsch-namibische Politikwissenschaftler Henning Melber. Doch die Afrikaner reagieren gereizt auf die Mahnungen der ehemaligen Kolonialherren.
Die Chinesen dagegen mischen sich in Afrika bislang nicht in die Innenpolitik ein. Das macht sie zu einem attraktiven Partner für Autokraten. Repressive Regimes wie Äquatorialguinea, Sudan oder Simbabwe wurden auf diese Weise zu Türöffnern für Chinas Afrika-Offensive. Ein ausgerollter roter Teppich in Peking schmeichelt jenen Despoten, die in Paris, London oder Berlin eher mit spitzen Fingern angefasst werden. Simbabwes Diktator Robert Mugabe etwa, der dem Westen regelmäßig eine „neokoloniale Agenda“unterstellt, ist voll des Lobes für die Partner aus Fernost; Staatschef Xi Jinping pries er beim Afrika-ChinaGipfel 2015 als „von Gott gesandt“.
Gerade erst haben chinesische Investoren mit Mugabes Regierung eine Machbarkeitsstudie für eine Art afrikanisches Disneyland an den weltberühmten Victoriafällen vereinbart, komplett mit Themenparks, Hotels und Restaurants. Die Rede ist von einem 300-Millionen-DollarProjekt.
Erster militärischer Stützpunkt
Neuerdings ist Peking auch militärisch präsent: Im Dschibuti entsteht der erste permanente Auslandsstützpunkt der chinesischen Armee; Mitte Juli wurden die ersten Marinesoldaten in den ostafrikanischen Kleinstaat entsandt. Dschibuti ist der Endpunkt einer neuen Bahntrasse, die in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba beginnt – ebenfalls ein chinesisches Projekt.
Kritik an Doppelmoral
Vor wohlfeiler Kritik sollte sich der Westen allerdings hüten, mahnt Politikwissenschaftler Melber. Denn er sei noch immer nicht frei von Doppelmoral. „Warum wird Simbabwe kritisiert, aber nicht Angola? Weil die Ölgeschäfte mit Angola wichtiger sind. Dabei schreckt das Regime dort auch vor Morden nicht zurück.“Der Präsident des ölreichen Landes, José Eduardo dos Santos, ist seit 38 Jahren im Amt. Er gilt als reichster Politiker des Kontinents.
Deutsch-chinesische Zusammenarbeit wie im Fall der Maputo Bridge soll es nach dem Willen der Bundesregierung künftig häufiger geben. Das betonte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Anfang Juli anlässlich des Besuchs von Chinas Präsident Xi Jinping in Berlin. Als Beispiel nannte sie ein Projekt des Heidenheimer Technologiekonzerns Voith. Der plant gemeinsam mit einem chinesischen Partnerunternehmen ein Wasserwerk – in Angola.