Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zum Zug geht’s nicht barrierefrei
Deutsche Bahn lässt zeitgleich alle Aufzüge im Tuttlinger Hauptbahnhof sanieren
TUTTLINGEN - Menschen mit einer Behinderung, Eltern, die mit einem Kinderwagen unterwegs sind, oder Leute, die einen schweren Koffer dabei haben, haben derzeit am Tuttlinger Bahnhof mit Problemen zu kämpfen. Der Grund: Die Deutsche Bahn lässt noch bis Ende September die drei Aufzüge zeitgleich sanieren. Damit ist der Zugang zu den Gleisen mitunter deutlich erschwert.
„Wir machen eigentlich etwas Gutes. Das ist aber mit Umständen verbunden“, sagt Werner Graf, Pressesprecher der Deutschen Bahn in Stuttgart. Er berichtet, dass das Unternehmen 570 000 Euro für neue technische Komponenten und die Antriebe der Aufzüge investiert: „Sie sind dann faktisch wie neu“, sagt er.
Sanierungsbedarf bekannt
Dass die Lifte saniert werden müssen, war schon länger offenkundig. Schließlich musste die Tuttlinger Feuerwehr immer wieder ausrücken, um Personen aus stecken gebliebenen Aufzügen zu befreien. Nun kommt also der Rundumschlag, und der müsse laut Graf zeitgleich erfolgen: „Das würde anders nicht funktionieren“, sagt er. Trotzdem würde die Sanierung „leider bis Ende September“dauern.
Kunden, die aus verschiedenen Gründen nicht die Treppe benutzen können, um zu ihrem Gleis zu komverkehr men, sollten laut Graf für den Fernverkehr in Richtung Schaffhausen oder Stuttgart von einem anderen Bahnhof in Tuttlingen nach Rottweil fahren. „Alle anderen Bahnhöfe in Tuttlingen sind barrierefrei“, betont er. Auch in Rottweil könnten die Fahrgäste alle Gleise barrierefrei erreichen.
Für den Nahverkehr empfiehlt Graf jedem Rollstuhlfahrer, die anderen Bahnhöfe in Tuttlingen zu verwenden, also die Haltepunkte „Tuttlingen Schulen“, „Tuttlingen Nord“oder „Tuttlingen Gänsäcker“. Für weitere Hilfen verweist er auf den Mobil-Service des Unternehmens. Für Mathias Schwarz, Vorstandsmitglied von Tuttlingen barrierefrei, ist die Situation am Tuttlinger Hauptbahnhof ein „großes Problem“. Der Verein habe sich gewünscht, dass die Deutsche Bahn Personal vorhält, das den Menschen mit einer Behinderung den Zugang zu den Gleisen ermöglicht. „Es wundert uns, dass die Sanierung so lange dauert. Das ist sehr unschön und ein viel zu langer Zeitraum“, betont Schwarz. Er sei ursprünglich davon ausgegangen, dass die Sanierung innerhalb von zwei Tagen über die Bühne gehen werde. Nun seien Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder mit dem Kinderwagen unterwegs sind, auf die Hilfsbereitschaft der anderen Fahrgäste angewiesen – gerade in den frühen Morgenstunden oder am späteren Abend, wenn die Anzahl der Zugfahrer verringert ist, könnte das zu einem Problem werden.
Gefahr, den Zug zu verpassen
Noch habe Tuttlingen barrierefrei nichts Konkretes darüber gehört, dass eine Person wegen der gesperrten Aufzüge am Hauptbahnhof gestrandet sei. Die Sorge sei aber da, und es sei auch schon im sozialen Netzwerk Facebook kommuniziert worden, dass die Betroffenen Gefahr laufen, ihren Zug zu verpassen, wenn die mögliche Hilfe nicht vor Ort zu finden ist.