Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
SPD-Fraktionschef unterstützt Stadt
Andreas Stoch will nicht, dass Kleinstädte mehr Flüchtlinge aufnehmen als Metropolen
SIGMARINGEN - Der frühere Kultusminister Andreas Stoch (SPD) unterstützt die Forderung der Stadt Sigmaringen nach einer Reduzierung der Flüchtlingszahlen in der früheren Kaserne. „Ich halte es für hochproblematisch, wenn kleinere Städte überproportional mit Flüchtlingen konfrontiert werden“, sagte der SPDFraktionschef im Landtag in einem Redaktionsgespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Stadt Sigmaringen versucht derzeit in Verhandlungen mit dem Land, die Zahl der Flüchtlinge, die in der LEA untergebracht werden dürfen, von 1250 auf 500 zu reduzieren. Laut den Plänen der Landesregierung soll die Sigmaringer LEA nach den Ankunftszentren die größte im Land werden.
Dass die Verhandlungen zwischen Stadt, Landkreis und Land seit acht Monaten andauern, sieht der Vertreter der SPD-Opposition im Landtag auch als Schwäche des CDU-Innenministers Thomas Strobl: „Der Innenminister ist nicht in der Lage, Prozesse zu einem guten Ende zu führen.“Neben den Verhandlungen mit den Kommunen über den Zuschnitt der LEAs nennt Stoch die Polizeireform als zweites Beispiel für Strobls Scheitern. Weil Minister Strobl nicht entscheiden wollte, habe der Ministerpräsident ein Machtwort sprechen müssen.
Generell ist Stoch der Meinung, dass Erstaufnahmestellen auf dem Areal von ehemaligen Kasernen nicht die Patentlösung seien. „Wenn die Kommunen andere Pläne haben, müssen die Liegenschaften freigegeben werden“, sagte der Landespolitiker, der sich zurzeit auf einer Sommertour befindet. In Sigmaringen machte der Jurist aus Heidenheim Station, um die SPD-Bundestagskandidatin Stella Kirgiane-Efremidou im Wahlkampf zu unterstützen.
Drei Jahre lang Kultusminister
Als Kultusminister gehörte er drei Jahre lang der grün-roten Landesregierung an, die im vergangenen Jahr abgewählt worden ist. Nach der Wahlniederlage der SPD – sie sank mit 12,7 Prozent auf ein Allzeittief – verlor der Heidenheimer sein Ministeramt. Seither macht er im Landtag Oppositionsarbeit und versucht sich in Pressekonferenzen Gehör zu verschaffen. „Während bei Kretschmann 50 Journalisten an den Lippen kleben, sind wir schon froh, wenn uns fünf Journalisten zuhören.“
SPD-Mann greift Bareiß an
Sechs Wochen vor der Bundestagswahl unterstützt Stoch die SPDKandidaten im Land, die noch nicht im Bundestag sitzen. Bis zur Wahl am 24. September sind Besuche von 24 Kandidaten geplant. Immer wieder fällt während des Gesprächs der Name von Thomas Bareiß. „So zu tun als ob Bareiß automatisch der Segensbringer für den Wahlkreis wäre, wäre ein falsches Verständnis von Demokratie.“Stoch will damit sagen: Obwohl die CDU in Umfragen weit vor der SPD liege, sei eine Ampelkoalition zwischen SPD, FDP und Grünen möglich, wenn sich die SPD verbessere.
Die zweite Botschaft des SPDFraktionschefs: Der Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen könne mit der SPD-Kandidatin einen zweiten Abgeordneten in Berlin bekommen, wenn die SPD das Ergebnis von 2013 erreiche. Mit Platz 23 auf der Landesliste habe Kirgiane-Efremidou einen aussichtsreichen Platz. Und wieder fällt das Stichwort Bareiß: Die EuropaFreundlichkeit bei Konservativen sei eher aufgesetzt, „darüber würde ich mit Herrn Bareiß gerne diskutieren“. Die SPD stehe ohne Abstriche zu Europa und sie werde nicht müde, ein Zuwanderungsgesetz zu fordern. „Wir brauchen eine geregelte Zuwanderung, um unsere Standards zu halten. Wenn wir die Zuwanderung weiter so wie jetzt behandeln, richten wir ökonomischen Schaden an“, sagte Stoch, schnappte seinen Mantel und verabschiedete sich zum nächsten Termin: Die Genossen warteten im Bootshaus auf ihn.