Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zur Person Autorin
Vor zwei Jahren hat der Auftritt in einer Diskussionsrunde mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das damals 14-jährige Flüchtlingsmädchen Reem Sahwil in die Schlagzeilen katapultiert. Vor laufender Kamera schilderte die Palästinenserin ihre Angst vor Ausweisung. Merkel antwortete, Deutschland könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen. Daraufhin fing Reem an zu weinen. Nun hat sie ihre Biografie vorgelegt. „Ich wollte nicht weg von hier“, schreibt sie darin. Ein Satz, der die kindliche Erinnerung von „Merkels Flüchtlingsmädchen“aus Rostock an das Flüchtlingslager Wavel in Ost-Libanon zusammenfasst. Vor allem wohl an die Menschen dort. „Hier in Wavel kannte ich alles, hier hatte ich meine Familie, die mir bei allem half, meine Freundin Jana, die mich unterstützte“, erzählt die heute 16Jährige in dem 239 Seiten umfassenden Buch, über ihr bisheriges Leben und die Geschichte einer palästinensischen Familie ohne wirkliche Heimat.
Das Buch zeichnet den mitunter leidvollen Weg Reems nach. Sie wird – wie ihre Geschwister – in vierter Generation in dem Flüchtlingslager Wavel geboren. Sie kommt zu früh auf die Welt. Weil die medizinische Versorgung im Lager katastrophal ist, wird sie nicht ausreichend beatmet. Das hat Folgen. Als andere Kinder schon laufen, sitzt Reem im Rollstuhl. Bis heute ist ein Teil ihres Körpers gelähmt. Durch einen Onkel in Düsseldorf erfahren Reems Eltern von einer Stammzellentherapie, die dem Kind helfen könnte. So fliegt Reems Mutter mit dem Mädchen und dessen kleinem Bruder 2010 zur Behandlung nach Deutschland. Es soll der Anfang einer Odyssee sein, die Reem auf jugendliche, manchmal noch kindhafte Weise beschreibt, unterstützt von der Co-Autorin Kerstin Kropac.
Der Flüchtlingsverteilungsschlüssel brachte die Familie Sahwil schließlich nach Rostock. Reem kann heute selbstständig laufen, ihre Mutter arbeitet als Sozialarbeiterin. „Wir leben alle zufrieden in Rostock. Wir haben hier nicht nur unser Zuhause, vor allem auch zu uns gefunden“, schreibt Reem. Doch der Aufenthaltsstatus der Familie gilt, so steht es im Buch, nur bis Oktober 2017. (dpa)