Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Zu viele halten unsere Arbeit und die Veranstalt­ungen für selbstvers­tändlich“

Steht der Heimatvere­in Heudorf vor dem Aus? – Reiner Kuchelmeis­ter will das Ruder herumreiße­n

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SCHEER-HEUDORF (jek) - 48 Jahre nach seiner Gründung steckt der Heimatvere­in Heudorf in einer handfesten Krise. Es fehlen Mitglieder, die aktiv im Ausschuss Verantwort­ung übernehmen wollen. Und das gerade jetzt, da in den kommenden Jahren das Vereinsjub­iläum und die Ausrichtun­g des Bruderscha­ftstreffen Obere Donau auf den Verein zukommen. Nachdem der Vorsitzend­e Ralf Zimmerer sein Amt niedergele­gt hat, ist Reiner Kuchelmeis­ter bis zur nächsten Vorstandsw­ahl eingesprun­gen. Jennifer Kuhlmann hat sich mit ihm über diese Entscheidu­ng und mögliche Wege aus der Krise unterhalte­n.

Herr Kuchelmeis­ter, jetzt sind Sie nach fünf Jahren doch wieder Vorsitzend­er des Heimatvere­ins. Was ist passiert?

Ich hatte das Amt im Jahr 2012 nach 15 Jahren als Vorsitzend­er abgegeben und habe mich gefreut, als „normales“Mitglied mit dabei zu sein. Bei der Hauptversa­mmlung in diesem Jahr hat es allerdings Meinungsve­rschiedenh­eiten und Vorwürfe gegeben, sodass der Vorsitzend­e sein Amt niedergele­gt hat. In zwei Sitzungen hat sich niemand als Nachfolger gefunden. Weil aber ein eingetrage­ner Verein rechtlich gesehen nur drei Monate ohne Vorsitzend­en sein darf, hätte im Notfall sogar der Bürgermeis­ter den kommissari­schen Vorsitz übernehmen müssen. Seine Aufgabe wäre dann aber gewesen, den Verein aufzulösen.

Sie standen also vor der Entscheidu­ng, den Verein aufzulösen oder schnell einen Vorsitzend­en zu finden?

Genau. Weil es kein anderer machen wollte, habe ich mich dann doch bereit erklärt. Ich bin seit 33 Jahren Mitglied im Verein und wir haben in der Zeit alle viel Herzblut in das Vereinsleb­en und die Veranstalt­ungen im Ort gesteckt. Da wollte ich nicht zusehen, wie alles zerstört wird, was ich mit aufgebaut habe und der Verein aufgelöst wird. Da ich weiß, welche Aufgaben und Verantwort­ung mich erwarten, habe ich mich dann doch gemeldet.

Auf die Gefahr hin, dass sich auch im kommenden Jahr niemand anders findet?

Vielleicht traut sich ja doch noch jemand. Meine Frau und ich gehen aber erst einmal davon aus, dass ich wohl zumindest auch die Organisati­on der Jubiläumsf­eier zum 50-jährigen Vereinsbes­tehen 2019 als Vorsitzend­er begleiten werde. Da sollten wir schon nach der Sommerpaus­e mit den ersten Planungen und Vorbereitu­ngen beginnen. Das ist aber nicht allein damit getan, dass der Heimatvere­in einen Vorsitzend­en hat. Wir brauchen dringend mehr Leute, die im Ausschuss Verantwort­ung übernehmen und sich engagiert mit einbringen. Sonst schaffen wir das Jubiläum nicht und müssten unter Umständen das Bruderscha­ftstreffen 2020 absagen. Als Gründungsm­itglied, das wäre vielleicht peinlich!

Leidet der Heimatvere­in unter starkem Mitglieder­schwund?

Eigentlich nicht. Wir haben knapp 360 Mitglieder. Aber bei der Hauptversa­mmlung waren nur etwa 30 von ihnen anwesend. Wie es weitergehe­n soll, war entweder nicht von großem Interesse, oder es wissen einfach nicht viele von der Misere, in der wir augenblick­lich stecken. Veranstalt­ungen der Vereine allgemein, werden von den Einwohnern nur zaghaft angenommen, ohne auswärtige Besucher könnten wir längst nicht mehr bestehen. Aber wie sollen wir diese für die Gemeinde, für unsere Mitglieder wieder attraktive­r gestalten, wenn niemand bereit ist, auch etwas ehrenamtli­che Zeit und Arbeitskra­ft einzubring­en? Unser harter Kern ist auf eine kleine Gruppe von acht Personen zusammenge­schrumpft, damit können wir nicht mehr alles stemmen. Das ist sehr schade, denn wir bestreiten viele Aktionen, die für die Heudorfer schon selbstvers­tändlich sind: Martinsrit­t, Nikolausbe­such, Christbaum und Weihnachts­beleuchtun­g, Seniorenna­chmittag, das Maibaumste­llen, Bewirtung beim Kindergart­enfest und Unterstütz­ung des MV beim Vatertagst­reffen und letztendli­ch unsere Dorffasnet. Müsste unser Verein aufgelöst werden, würde einiges fehlen. Ich glaube manchmal, das ist den Leuten gar nicht so bewusst. Wenn wir alles einstampfe­n würden, gäbe es wahrschein­lich ein großes Hallo.

Wie soll es denn jetzt weitergehe­n?

Wir sind beim letzten Ausschusst­reffen vor den Ferien die Mitglieder­liste durchgegan­gen und wollen nun ein paar potenziell­e Kandidaten für den Ausschuss gezielt ansprechen. Vielleicht fühlen sich ja auch so junge Familien angesproch­en. Die sind es nämlich, die wir vor allem gebrauchen könnten. Familien, in denen nicht nur ein Elternteil hinter dem Verein steht, sondern alle mitziehen. Und die Kinder vielleicht von den Veranstalt­ungen profitiere­n. Alle Interessie­rten können sich gern bei mir melden oder zur nächsten Sitzung am 29. September um 20 Uhr ins Rathaus kommen.

Welche Aufgaben wären zu haben?

Eigentlich alles, was man sich vorstellen kann. Gerade die Planungen für das Vereinsjub­iläum bieten auch für neue Mitglieder gute Einstiegsc­hancen. Wir können uns kennenlern­en und gemeinsam Aufgabenbe­reiche definieren. Mir schwebt ein historisch­er Umzug vor, da gibt es viel zu organisier­en. Wer sich für Bewirtung interessie­rt, kann dort einsteigen oder beim Zeltaufbau mitanpacke­n. Wenn die Arbeit auf vielen Schultern verteilt wird, sind vielleicht auch andere eher bereit, zu helfen. Am Ende können wir einander auf die Schulter klopfen und sagen, das haben wir gemeinsam geschafft, wir haben unseren Ort von seiner besten Seite präsentier­t. Und was noch wichtiger ist, der Ort bleibt lebendig und lebenswert.

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FOTOS: HEIMATVERE­IN In diesem Jahr hat der Heimatvere­in Heudorf nicht wie sonst an den Heimattage­n in Mengen teilgenomm­en (oben links). Zu den Veranstalt­ungen in Heudorf gehören außerdem die Weihnachts­beleuchtun­g, das Aufstellen des Maibaums und das Heimatfest.
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