Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Theaterdonner gehört dazu
Niemand hat erwartet, dass es leicht wird. Allein die große Zahl der Jamaika-Verhandler ist eher ein Zeichen des Misstrauens und der Schwäche als der Stärke. Die Nervosität ist auf allen Seiten hoch. Doch man sollte sich nichts vormachen lassen: Das offene Zerwürfnis und die Drohung mit dem Scheitern der Verhandlungen gehört zur Dramaturgie solcher Runden wie der Käse zum Wein und der Abschluss tief in der Nacht.
Auffällig ist, dass sich bislang Grüne, FDP und CSU wie die Pfauen kräftig spreizen und dabei gegenseitig ins Gehege kommen, während die CDU dadurch auffällt, dass die Kanzlerin moderierend eingreift und das Ganze zum Gelingen zu bringen versucht. Das ist einerseits ehrenwert, beinhaltet aber andererseits die Gefahr, dass die CDU ihre eigenen Kernthemen wie Innenpolitik, Familie und Wirtschaft noch zu sehr im Hintergrund lässt.
Die Grünen sehen sich in einer Minderheitenposition gegenüber einer Art von schwarz-gelbem Block und müssen ihre Themen besonders betonen. Sie haben mehr Kontrollfreaks – sie selbst nennen es Basisdemokraten – in ihren Reihen als die anderen Parteien und müssen ihnen bereits das Sondierungsergebnis vorlegen. Schwarz auf weiß und mit grünen Erfolgen, vor allem für den Klimaschutz. Auch beim Familiennachzug für Flüchtlinge streben sie ein Signal in ihre Reihen an. Wenn sie sich mit Union und FDP auf eine insgesamt restriktive Flüchtlingspolitik einigen, die den Zuzug begrenzt, haben sie dazu gute Chancen.
Die CSU will neben der Flüchtlingspolitik ihr Profil als Partei der kleinen Leute schärfen und das Soziale betonen. Hier wird ein JamaikaBündnis, wenn es denn gelingt, später von SPD und Linken die schärfsten Angriffe zu erwarten haben.
Die FDP wirkt dagegen vergleichsweise cool, möchte nicht zu viel versprechen wie 2009, aber klare Spuren im Bereich Wirtschaft und Digitalisierung hinterlassen. Fallstricke gibt es noch genug. Hauptsache, jede Partei überzeugt am Ende ihre eigenen Leute, sehr hart verhandelt und alles getan zu haben.