Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
VfB Stuttgart siegt im Südwest-Derby
Der VfB schlägt Freiburg im Derby 3:0 – auch dank des Platzverweises für Söyüncü
STUTTGART (zak) - Der VfB Stuttgart hat am Sonntag das SüdwestDerby in der Fußball-Bundesliga gegen Freiburg mit 3:0 gewonnen. Die Tore glückten Daniel Ginczek (38.), Benjamin Pavard (45.+4) und Simon Terodde (82.). Die Tabellenführung hatte am Vortag Bayern München durch ein 2:0 gegen Leipzig übernommen. Dortmund hatte zuvor 2:4 in Hannover verloren.
STUTTGART – Früher, als er noch AJugendtrainer in Freiburg war, sei er „mit furchtbarer Angst vor dem übermächtigen Gegner“nach Stuttgart gefahren, sagt SC-Trainer Christian Streich. Man wusste ja nie, ob es etwas auf die Mütze gibt bei den einst so starken VfB-Junioren. Mit dem ersten Sieg habe sich das aber gelegt.
Tatsächlich war Christian Streich am Sonntagabend um 18.12 Uhr beim Derby der Senioren nicht mehr verängstigt, er war auf 180, und das nicht ganz zu Unrecht. „Unglaublich, unglaublich“, schimpfte der Erfolgstrainer der Badener immer wieder, weil Schiedsrichter Tobias Stieler dafür gesorgt hatte, dass Freiburg 80 Minuten lang in Unterzahl spielen musste. Nach einem Steilpass hatte sich Caglar Söyüncü den Ball, hart bedrängt und zumindest manipulativ geschoben von VfB-Stürmer Daniel Ginczek, mit der Hand vorgelegt. Stieler ließ 50 Sekunden lang weiterlaufen, ehe er unterbrach, sich die Szene im Videobeweis anschaute und dann ein gnadenloses Urteil fällte. Söyüncü – übrigens der einzige Legionär in der Badener Startelf – musste unter Protesten von Bord, Freiburg war im Kellerduell dezimiert und Streich einem Tobsuchtsanfall nahe, der in etwa die Ausmaße eines doppelten Herwarts hatte.
Tatsächlich war die Szene wieder mal ein Beleg dafür, wie der Videobeweis den Profifußball spaltet – man hätte mit oder ohne Zeitlupe so (Rot oder Gelb) oder so (Foul von Ginczek) entscheiden können. Freiburgs Sportdirektor Jochen Saier jedenfalls tobte: „Da mit einem Videobeweis einzugreifen, widerspricht allem, was uns bei der Regelschulung erzählt wurde. Eine klare Torchance sei vereitelt worden – da fällt einem nichts mehr ein.“Ginczek meinte: „Von mir war das kein Foul. Ich hab regulär meinen Körper eingesetzt – das ist schließlich Fußball-Bundesliga.“Und Streich? Der nannte es „absurd, was da passiert ist. Ich habe gehofft, der Videobeweis sorgt für mehr Gerechtigkeit, aber das, was ich bis jetzt damit erlebt habe, ist unfassbar. In Hoffenheim kassieren wir das 2:3, obwohl einer einen halben Meter im Abseits steht. Niemand greift ein. Heute hat Ginczek von hinten gestoßen. Und wäre er etwa allein aufs Tor gelaufen? Ich verstehe nicht, was mit uns gemacht wird.“„Das ist ein Schmarrn, der gehört weg“, sagte auch sein Angreifer Florian Niederlechner.
Wolf lobt Özcan
In jedem Fall war die Rote Karte der Knackpunkt des Spiels. Stuttgart nutzte die Überzahl vor 58 872 Zuschauern, um in seinem neuen 4-2-3-1-System Druck zu machen. Freiburg igelte sich fortan ein in der eigenen Hälfte, aber das ging nicht lange gut, SC-Torhüter Alexander Schwolow musste Schwerstarbeit leisten. Erst lenkte er einen Schuss von Chadrac Akolo mit Mühe an die Latte (23.), 60 Sekunden später parierte er Akolos Kopfballaufsetzer in glänzender Manier. Nach 38 Minuten aber war auch er machtlos. Berkay Özcan dribbelte sich links durch und passte fein auf Ginczek, der verhielt sich im Zweikampf gegen Christian Günter cleverer und hielt den linken Fuß hin zum 1:0 – der erste Saisontreffer des 26-Jährigen, der offenbar Simon Terodde als Stammstürmer abgelöst hat. Kurz vor der Pause war das Spiel bereits entschieden: Innenverteidiger Benjamin Parvard traf nach Freistoß per Hinterkopf zum 2:0. Wieder leistete der 19-jährige Özcan die Vorarbeit, der türkische Juniorennationalspieler, den VfB-Trainer Hannes Wolf überraschend erstmals in dieser Saison in die Startelf gestellt hatte. „Er hat seine Chance komplett genutzt“, lobte Wolf.
Dass Streich nach dem Platzverweis in Ermangelung an Alternativen Nicolas Höfler mit ins Abwehrzentrum gestellt hatte und ein 5-3-1-System bildete, brachte also nichts. Die Partie war gelaufen, die Luft draußen, Terodde, der nach 67 Minuten für Ginczek kam, erhöhte noch auf
3:0 (82.).
Während Stuttgart damit 2017 zu Hause ungeschlagen bleibt, in der Tabelle auf Rang zwölf rückte und nun bereits acht Punkte Vorsprung auf Rang 17 hat, bleibt Freiburg auf Rang 15 stecken. Dafür gab es im Pokal für beide schlechte Nachrichten: Der VfB muss im Achtelfinale kurz vor Weihnachten nach Mainz, und auswärts hat er noch kaum etwas gerissen. Ebenso wenig wie der SC, der in Bremen versuchen wird, vom Videobeweis verschont zu bleiben.
Wann Stuttgarts Kapitän Christian Gentner nach seinem Augenhöhlenbruch wieder auf dem Platz stehen kann, ist noch ungewiss. „Ich hoffe, (wir sprechen; d. Red.) von Wochen und nicht von mehreren Monaten“, sagte Gentner der „Bild“. Noch habe er ein pelziges und taubes Gefühl in dem Bereich und gelegentlich Schmerzen. Aber „mir fehlt der Fußball jetzt schon“, so der 32-Jährige.