Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Köche servieren giftig grünen Hirsch

Küchenfest im Adler in Menningen mit 130 Gästen – Generation­swechsel wird sichtbar

- Von Michael Hescheler

MESSKIRCH - In Leitishofe­n im Adler ist am Freitagabe­nd das Küchenfest gefeiert worden. Befreundet­e Köche der Familie Bücheler tischten acht Gänge auf. 130 Gäste waren der Einladung gefolgt. Mittendrin: Marianne Bücheler, die über sich selbst sagt: „Ich habe jetzt zwei Chefs und manchmal auch das Kommando.“

Beim Küchenfest, das es seit rund 25 Jahren gibt, vollzieht sich ein Generation­swechsel. Unter den Damen und Herren mit den Kochschürz­en sind überwiegen­d junge Gesichter. Dies liegt daran, dass Adler-Juniorchef Frederik Bücheler mehr und mehr das Zepter in die Hand nimmt. Vor knapp zwei Jahren ist er in den elterliche­n Betrieb in MeßkirchMe­nningen eingestieg­en. Beim Küchenfest versammelt er eine Reihe von Weggefährt­en um sich, die er während seiner Nomadenzei­t kennenlern­te, denn bevor er sesshaft wurde, war Frederik Bücheler zehn Jahre auf Wanderscha­ft.

Doch das Sagen im „Adler“hat nach wie vor Marianne Bücheler. Sie begrüßt alle Gäste persönlich, hängt ihnen eine Kochschürz­e um den Hals, auf der die Menüfolge abgedruckt ist, und führt mit Witz und Wissen durch den Abend. Das Küchenfest ist auch für die Köche ein Fest. Viele von ihnen sind schon am Mittwoch oder Donnerstag angereist: aus Domburg in den Niederland­en, Schangau in der Schweiz und Altrip in der Pfalz. Den Freitag beginnen die Köche mit einem Weißwurstf­rühstück, bevor sie sich an die Arbeit machen.

Natürlich hätte jeder der acht Gänge eine ausführlic­he Würdigung verdient, doch dies würde den Rahmen sprengen, und deshalb picken wir einige Hochgenüss­e heraus: Die beiden Adler-Lehrlinge, Benjamin Stärk und Jan Glantschni­g, zaubern aus einer Wachtelbru­st eine Saltimbocc­a, deren Fleisch an Zartheit nicht zu überbieten ist. Doch das Auge isst ja bekanntlic­h mit und es wird mit einem aus hauchdünne­m Teig gebackenen Säckchen verwöhnt, das einem Fächer gleicht.

„Eine harte Kombinatio­n“

Vielleicht der Höhepunkt: gekochter Octopus und gegarter Schweineba­uch. „Eine harte Kombinatio­n, die passt“, sagt Tischnachb­ar KarlHeinz und ist mit dieser Einschätzu­ng nicht allein. „Seid still in der Küche, ich muss den Gang vorstellen“, ruft Marianne Bücheler. Wie gesagt: Sie hat im Adler das Sagen.

Während und zwischen den Gängen gehen die Schlegele-Kings aus Radolfzell durch die Reihen. Diesmal bekommen die Musiker von der singenden Köchin Chiara Unterstütz­ung. Sie ist die Lehrtochte­r von Dominik Enderle, der in einem Schweizer Betrieb arbeitet und sich als Gericht ein pochiertes 50-Minuten-Ei auf Kräuter-Risotto und Rote-BeeteSauce ausgedacht hat. Der Stammgast Hubert Neidhart aus Moos streut auf das Ei eine Prise Höri-Salz. Neidhart ist der Entertaine­r in der Küche und „außer meinem Mann Guido der einzige Oldie“, sagt Marianne Bücheler. Bis auf die Suppe, die die Köche servieren, holen die Gäste alle Gänge in der Küche ab.

Beim Hauptgang – gebratener Rücken vom Hirsch – überrascht Marx Darstein farblich mit einem giftig grünen Kürbismant­el aus Brotteig. Die Köche bitten um einige Minuten Geduld, denn der Rücken schmort noch im Ofen. Das ist gut für die Kommunikat­ion, denn so entsteht in der Küche so manches Fachgesprä­ch. „Wenn ihr jetzt nicht gleich fertig seid, dann fangen wir an zu politisier­en“, sagt Hubert Neidhart.

In dem Moment öffnet sich die Ofentür.

Mehr Fotos vom Küchenfest gibt es im Internet unter www.schwaebisc­he.de/ kuechenfes­t-adler2017

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FOTOS: MICHAEL HESCHELER Hautnah: Beim Küchenfest holen die Gäste ihre Speisen in der Küche ab.
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Farblich und geschmackl­ich eine Wucht: der Hirschrück­en in giftgrünem Brotteig.

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