Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Haftbefehl wegen Terrorplan
Syrer wollte „möglichst große Zahl von Personen töten“
KARLSRUHE (AFP) - Gegen den wegen mutmaßlicher Anschlagspläne in Schwerin festgenommenen Syrer Yamen A. ist Haftbefehl erlassen worden. Gegen den 19-Jährigen besteht dringender Tatverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte.
Der Syrer war am Dienstag in Schwerin von Spezialeinheiten festgenommen worden. Laut Bundesanwaltschaft fasste er spätestens im Juli den Entschluss, „in Deutschland inmitten einer größeren Menschenansammlung einen Sprengsatz zu zünden und dadurch eine möglichst große Anzahl von Personen zu töten“.
Gegen Yamen A. war am 21. Oktober ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Der Bundesanwaltschaft zufolge wurde er rund um die Uhr beobachtet, bevor der Zugriff erfolgte. Hinweise auf Mittäter oder Helfer haben die Behörden derzeit nicht.
BERLIN - Wegen konkreter Vorbereitungen zu einem islamistischen Anschlag in Deutschland mit möglichst vielen Toten sitzt ein Syrer aus Schwerin in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs habe gegen den 19-jährigen Yamen A. Haftbefehl erlassen, teilte die Bundesanwaltschaft am Mittwoch mit.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die Dimension des Falles bereits am Dienstag deutlich gemacht. Die Sicherheitsbehörden hätten „erneut einen schweren Terroranschlag in Deutschland verhindert“, sagte der CDU-Politiker und lobte die Einsatzkräfte von Verfassungsschutz, Kriminalpolizei und den Sonderpolizeieinheiten. Der Zugriff sei „zum richtigen Zeitpunkt“erfolgt, um Beweise zu sichern und die Gefahr „zuverlässig zu bannen“, sagte de Maizière. Der Fall habe belegt, dass die Behörden „wenn nötig entschlossen und konsequent vorgehen“.
Im Morgengrauen waren am Dienstag in Schwerin 100 Spezialkräfte angerückt. Sie stürmten in einer Plattenbausiedlung drei Wohnungen und nahmen den syrischen Flüchtling Yamen A. fest. Auch in Hamburg, wo sich der 19-Jährige aufgehalten hatte, wurde eine Wohnung durchsucht, ein möglicher Kontaktmann vernommen.
Große Sorgen, aber auch ein Funken Erleichterung: Diesmal wurde der Verdächtige rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen. Doch der Fall belegt keine zwölf Monate nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz aufs Neue die hohe Bedrohung durch den islamistischen Terror in Deutschland.
Laut Bundesanwaltschaft hatte der Syrer spätestens im Juli mit der Beschaffung elektronischer Bauteile und Chemikalien für eine Bombe begonnen. Die Behörde bestätigte zudem, Yamen A. habe über das Internet Kontakt zu einer Person gehabt, die sich als „Soldat des Kalifats“ausgegeben hatte. „Wir wissen aber nicht, wer diese Person ist, und wir wissen nicht, ob er ihn (den 19-jährigen Syrer) in seinen Plänen bestärkt hat“, sagt Frauke Köhler, Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Yamen A., ein „einsamer Wolf“, radikalisiert im Internet, oder ein verhinderter Attentäter im Auftrag des IS – das ist noch unklar.
Union: Behörden gut aufgestellt
Die Festnahme des Syrers fällt mitten in die Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen und befeuert die Debatte über die Befugnisse der Behörden. Der Fall zeige, „dass unsere Sicherheitsbehörden gut aufgestellt sind und eine qualitativ hervorragende Arbeit leisten“, sagte Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der UnionsBundestagsfraktion, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, und warnt: „Umso fahrlässiger und gefährlicher wäre es angesichts der derzeit großen Herausforderung, wenn auf Druck der Grünen und der FDP bei den Verhandlungen über die Jamaika-Koalition essentielle und wichtige Befugnisse der Sicherheitsbehörden und der Nachrichtendienste, wie beispielsweise die Vorratsdatenspeicherung, die Videoüberwachung oder die Quellen-Telekommunikationsüberwachung, eingeschränkt oder abgeschafft werden würden.“
CDU und CSU würden sich entschieden dafür einsetzen, die vorhandenen Befugnisse beizubehalten „und durchaus an der einen oder anderen Stelle sachgerecht zu erweitern“, kündigt Mayer an. So müssten neue technologische Entwicklungen bei der Videoüberwachung künftig „besser genutzt werden“.
Für Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, geht das nicht weit genug. „Bei islamistischen Gefährdern muss der Bund die Zuständigkeit übernehmen!“, forderte er.