Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Was den „Wappler“mit dem „Grasdackl“verbindet
Der Mensch, das getriebene Wesen, lässt ja so ziemlich alles untersuchen, was er an Alltagsphänomenen findet. Das geht auch dem Österreicher nicht anders. Und darum kann die Studie einer gebürtigen Ukrainerin mit dem schönen Namen Oksana Havryliv über die wienerische Schimpfkultur niemanden überraschen.
Die gute Frau ist Germanistin der Universität Wien und forscht also streng wissenschaftlich nach den Geheimnissen des „Wiener Schmähs“, der sich zum Beispiel in „scherzhaft-kosendem“Fluchen á la „Du Wappler!“äußert. Eingedeutscht handelt es sich bei dem „Wappler“um eine unbeholfene, etwas dümmliche Person. Die schwäbische Entsprechung wäre noch am ehesten der „Grasdackl“.
Jedenfalls hat die Forscherin herausgefunden, dass die Wiener nicht mehr so leichtfertig wie früher ihre im Grunde lieb gemeinten Beleidigungen ausstoßen. Havrylivs Erklärung dafür: „Jetzt trauen sie sich das weniger, weil sie nicht wissen, wie Leute aus anderen Kulturen auf die Beschimpfung reagieren“, zitiert sie die Österreichische Zeitung „Der Standard“. Eigentlich schade, wo doch insbesondere der Wiener in der Erfindung lautmalerischer Begriffe nahezu unerreicht ist in Europa und dabei auch noch die sprichwörtliche Morbidität der Donau-Metropole oft genug mitschwingt. Das Husten älterer Menschen bezeichnet der Wiener zum Beispiel gerne als „Friedhofs-Jodler“. Der Sarg trägt im Wienerischen den Namen „Hoizpyjama“. Auf derlei kreative Wortfindung hat selbst der Schwabe keine passende Antwort. (nyf)