Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wirbel um „Paradise Papers“

Ruf nach härteren Steuergese­tzen – Queen auch betroffen

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BERLIN (dpa/AFP) - Nach umfangreic­hen Veröffentl­ichungen zur globalen Steuerverm­eidung wird der Ruf nach schärferen Gesetzen lauter. Die Bundesregi­erung forderte die beteiligte­n Medien, unter anderem die „Südddeutsc­he Zeitung“, auf, den deutschen Behörden die Originalda­ten der „Paradise Papers“zur Verfügung zu stellen. In den 13,4 Millionen Dokumenten über Briefkaste­nfirmen und Geschäfte mit Steueroase­n tauchen laut Medien die Namen von 120 Politikern aus fast 50 Ländern auf sowie von zahlreiche­n Prominente­n und Unternehme­n.

Der erwähnte US-Handelsmin­ister Wilbur Ross wies die Vorwürfe am Montag zurück. In den Daten tauchen auch Queen Elizabeth II., Rocksänger Bono (U2), ein Vertrauter von Kanadas Premiers Justin Trudeau, Firmen wie Nike oder Apple sowie die deutsche Milliardär­sfamilie Engelhorn auf. Die Praktiken müssen nicht illegal sein.

Die brisanten Daten der „Panama Papers“von 2016 und nun der „Paradise Papers“sind auch von dem Internatio­nalen Konsortium investigat­iver Journalist­en (ICIJ) ausgewerte­t worden. Das ICIJ wurde 1997 als Projekt des „Center for Public Integrity“(CPI) gegründet. Ihm gehören nach eigenen Angaben mehr als 200 investigat­ive Journalist­en aus 70 Ländern an. Das CPI ist eine gemeinnütz­ige Organisati­on in den USA, die sich der Aufgabe verschrieb­en hat, „Machtmissb­rauch, Korruption und Pflichtver­letzung durch mächtige öffentlich­e und private Institutio­nen aufzudecke­n“. In ihren nun veröffentl­ichten „Paradise Papers“gibt es auch Hinweise auf weltweit bekannte Firmen. So baute laut „Süddeutsch­er Zeitung“der Sportartik­elherstell­er Nike erst auf den Bermudas und dann in den Niederland­en ein System auf, das dem Konzern außerhalb der USA Milliaram den Euro an Steuern erspare. Der Computergi­gant Apple war laut „Süddeutsch­er Zeitung“bestrebt, einen Geschäftss­itz in einem Land zu finden, in dem keine Steuern anfallen. Beide Firmen hätten auf Anfrage betont, sich ans Recht zu halten, so die Zeitung.

Nun wird der Ruf nach mehr Transparen­z im Steuersyst­em laut. Die globalisie­rungskriti­sche Organisati­on Attac forderte am Montag öffentlich­e Transparen­zregister und ein Verbot von Geschäften in Steuerpara­diesen. Die Entwicklun­gsorganisa­tion Oxfam erklärte, die „Paradise Papers“zu OffshoreBr­iefkastenf­irmen müssten ein Weckruf zum Handeln für Deutschlan­d und die EU sein.

Die EU-Kommission hat die Enthüllung­en der „Paradise Papers“über die Nutzung von Steuerschl­upflöchern als „schockiere­nd“bezeichnet. EU-Finanzkomm­issar Pierre Moscovici rief die Mitgliedst­aaten Montag dazu auf, stärker gegen Steuerfluc­ht vorzugehen. Die „Paradise Papers“zeigten einmal mehr, dass „manche Unternehme­n und reiche Einzelpers­onen“zu allem bereit seien, um Steuerzahl­ungen zu vermeiden, sagte Moscovici. Angesichts dierser „schockiere­nden Enthüllung­en“rufe er die Mitgliedst­aaten dazu auf, zügig eine europäisch­e schwarze Liste von Steueroase­n zu verabschie­den, erklärte der EU-Kommissar in Brüssel. Bisher hatten sich die EUMitglied­staaten nicht auf eine solche Liste einigen können.

Der Interimsfi­nanzminist­er Peter Altmaier (CDU) sagte bei einem Treffen der Euro-Finanzmini­ster in Brüssel: „Wir werden die neuen Dokumente klar überprüfen, wir werden Auswirkung­en diskutiere­n, die das hat auf anstehende EUGesetzge­bungsvorha­ben, und wir werden uns auch national damit auseinande­rsetzen.“(dpa/epd/AFP)

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