Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Es fehlen kreative Arbeits- und Wohnformen
Leader-Vortrag beschäftigt sich mit Ursachen der Abwanderung aus dem Kreis Sigmaringen
LANGENENSLINGEN (sz) - Die eine Lösung gegen den Abwanderungstrend vor allem junger Menschen aus dem ländlichen Raum in die Ballungsräume gibt es nicht. Doch die Gründe sind vielfältiger als gedacht und kreative Lösungsansätze gibt es dennoch. So die Bilanz zur öffentlichen Vortrags- und Diskussionsrunde im Sandhof in Langenenslingen, zu der Leader-Oberschwaben in den Sandhof nach Langenenslingen eingeladen hatte.
Thema des Vortrags: „Urbane Ideen – Ein Lösungsansatz für das L(i)ebenswerte Dorf ?“. Rund 20 Teilnehmer hörten interessiert der Referentin Caroline Wenz, jüngstes Mitglied der Leader-Aktionsgruppe und Absolventin des Masterstudiums in den Bereichen Planung und Partizipation, zu. In ihrer Abschlussarbeit befasste sie sich unter anderem mit der Frage „Warum wandern junge Menschen zunehmend aus dem Landkreis Sigmaringen ab?“Einige Erkenntnisse ihrer Arbeit stellte sie an diesem Abend vor. Die Gründe des Wegzugs junger Menschen seien vielfältig: Bildungs- und Berufsmöglichkeiten, Loslösung vom Elternhaus, Kennenlernen anderer Lebenskulturen und viele mehr stünden vorrangig hinter der Entscheidung, den ländlichen Raum zunächst zu verlassen. Dennoch sei das Leben auf dem Land nicht unattraktiv – Luftqualität, Naturnähe, kaum Staus, Familienplanung spielten eine Rolle für eine Rückkehr oder Ansiedlung. Weniger bekannt sei, dass es vor allem auch im ländlichen Raum attraktive Arbeitgeber gibt.
Flexibles Arbeitszeitmodell
Aber es fehlten kreative Arbeits- und Wohnformen, so ein Ergebnis der Arbeit. Und das, obwohl der Trend ortsunabhängig zu arbeiten, stark zunehme. Laut Wenz birgt dies viele Möglichkeiten für den ländlichen Raum. Eine Variante, die bereits im urbanen Umfeld praktiziert werde, sei das sogenannte „Co-Working“, ein flexibles Arbeitsmodell, das sich auf die Bedürfnisse von Kreativ- und Wissensarbeitern fokussiere.
Personen unterschiedlichster Tätigkeitsfelder wie Journalisten, Grafiker, IT-Schaffende, Künstler oder Architekten können sich einen Arbeitsraum teilen. Ein Austausch miteinander ist möglich und gewünscht und unterschiedliche Blickwinkel sowie Meinungen können das eigene Arbeiten bereichern. Zudem können die Räumlichkeiten auch für die Öffentlichkeit geöffnet und ein Ort für Veranstaltungen werden. Attraktive Leerstände gibt es in vielen Gemeinden zunehmend. Somit sei dieses Modell nicht nur ein Privileg für Metropolen und Großstädte, sondern auch für Städte und Gemeinden im ländlichen Raum. Eine Umsetzung sollte nicht „von oben herab“erfolgen. Dieser Prozess müsse „von unten“in Gang kommen. Hohe Mietoder Pachtkosten, sowie Verwaltungshürden würden häufig die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, wie die Gründung eines Start-Ups, verringern. Gemeinden und Städte sollten, so lautete eine Erkenntnis aus der Diskussion heraus, flexibel sein und vor allem Anreize in Leerstandsgebäuden schaffen, damit sich Gründer dazu entscheiden, ihr Unternehmen auf dem Land zu realisieren. Für sämtliche Lösungsmöglichkeiten und Ideen gelte allerdings eine Grundvoraussetzung, die Breitbandversorgung: „Ohne viele Mb’s aus der Steckdose geht nichts“.
Heinrich Güntner, Vorsitzender der Leader-Aktionsgruppe, machte Mut und forderte die Anwesenden auf, „etwas Neues auszuprobieren, denn das bedeutet neue Chancen und man darf auch mal scheitern“.
unter