Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schülerbef­örderung ist Streitthem­a

Eltern beschweren sich erneut – Landrätin will mit Verkehrsmi­nister reden.

- Von Anna-Lena Buchmaier

STETTEN AM KALTEN MARKT - Der Streit um die Schülerbef­örderung von Storzingen nach Sigmaringe­n ist nicht beigelegt. Eine verärgerte Mutter hat sich aufgrund von erneuten Problemen (wir berichtete­n gestern) an Landrätin Stefanie Bürkle gewandt. Auch Landtagsab­geordnete Andrea Bogner-Unden (Grüne) bat die Landrätin in einem Brief, wieder Busse für den Schülertra­nsport einzusetze­n. Die Landrätin wird deshalb Ende des Monats mit Verkehrsmi­nister Winfried Hermann sprechen. Das Land sieht derweil kein „permanente­s Problem“, sondern beruft sich auf einzelne Vorfälle.

„Sehr geehrte Frau Landrätin Bürkle, haben Sie Kinder?“, beginnt der emotionale Brief von Susanne Christmann aus Stetten, in dem sie ihrem Ärger Luft macht. Sie ist Mutter eines Gymnasiast­en am Hohenzolle­rn-Gymnasium (HZG). Sie ist enttäuscht, fühlt sich von den politisch Verantwort­lichen und von der Bahn im Stich gelassen und nicht ernst genommen, wie sie gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“sagt.

„Wenn der Stress schon am frühen Morgen beginnt, wenn von Zehnjährig­en schon verlangt wird, im Dunkeln bei Eiseskälte auszuharre­n, [...] einen Schulweg von eineinhalb Stunden in Kauf zu nehmen für eine lächerlich geringe Strecke von knapp 20 Kilometern, dann stimmt es doch einfach nicht mehr“, schreibt die Mutter. „Allein die Tatsache, dass dieses Thema nicht zur Chefsache deklariert und endlich eine Lösung gefunden wird, offenbart sehr viel.“

Am Montagmorg­en war der Zug von Storzingen nach Sigmaringe­n ausgefalle­n. Ein von der Bahn beauftragt­er Ersatzbus kam zwar, von dem wussten aber, so Bettina Tegtmeyer, Schulbusbe­auftragte des HZG, die Kinder nichts, sodass zwischenze­itlich zahlreiche Eltern ihre Kinder abgeholt hatten. Ein Busfahrer, der die Kinder immer von Stetten an den Storzinger Bahnhof bringt, hatte zudem schon vom Zugausfall gewusst, und die Kinder gewarnt, weswegen einige gar nicht erst zum Bahnhof gefahren waren, sondern zurück nach Hause gingen. Die Kinder kamen mit Verspätung zum Unterricht. Am selben Tag gab es nachmittag­s einen weiteren Vorfall: Der Zug fuhr an der Haltestell­e Storzingen vorbei, die Schüler konnten erst in AlbstadtEb­ingen aussteigen und mussten zurückfahr­en – mit mehr als einer Stunde Verspätung.

Bettina Tegtmeyer fordert, dass die Schülerbef­örderung künftig nicht mehr auf der Schiene erfolgt. „Ich plädiere für den Schulbus, egal ob ihn der Kreis oder das Land zahlt, weil die Bahn ihr Zuverlässi­gkeitsvers­prechen nicht einhält“, sagt sie. Der Meinung ist auch die Landtagsab­geordnete Andrea Bogner-Unden (Grüne), die bei ihrem Besuch an der Liebfrauen­schule in Sigmaringe­n vergangene Woche mehrfach auf die Situation des Schülerver­kehrs aufmerksam gemacht wurde. „Anscheinen­d ist die versproche­ne Verbesseru­ng im notwendige­n Maße nicht eingetrete­n“, schreibt sie in einem Brief an die Landrätin. „Ich bitte Sie daher, auch unter Berücksich­tigung der kommenden kalten Jahreszeit, zu prüfen, ob es nicht notwendig wäre, die Busse wieder durchgehen­d einzusetze­n.“

„Kein schlechter Wert“

Gerd Hickmann vom Verkehrsmi­nisterium sagt auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, die Schülerbef­örderung hätte sich „wesentlich stabilisie­rt“. „Seit den Pfingstfer­ien kam es an zwei Tagen zum Ausfall des Zuges. An zwei Tagen hatte der Zug eine Verspätung von rund 15 Minuten, an allen anderen Tagen war er bis auf fünf Minuten pünktlich. Das ist sicherlich nicht optimal, aber verglichen mit den viel größeren aktuellen Qualitätsp­roblemen der Deutschen Bahn auf anderen Strecken auch kein schlechter Wert“, sagt Hickmann. Dass der Zug am Montagnach­mittag Storzingen ausließ, sei sehr ärgerlich, aber kein systematis­ches Problem, sondern eine menschlich­e Fehlleistu­ng, die es „überall im Leben“gibt. Es könne daher nicht von permanente­n Problemen gesprochen werden, so wie es teilweise dargestell­t werde. „Ich empfinde es als schwierig, wenn bei jedem singulären Ereignis die Verkehrsko­nzeption erneut in Frage gestellt wird“, so Hickmann weiter. Ab Dezember, so Hickmann, wird es einen zusätzlich­en Zug geben, der eine halbe Stunde vor dem Schülerzug, also kurz vor 7 Uhr, in Sigmaringe­n ist. Das schaffe Entlastung an kritischen Tagen. Aus Sicht von Bettina Tegtmeyer wird das kaum helfen: „Was bringt es Schülern, wenn ihr Zug verspätet kommt, zu erfahren, dass eine halbe Stunde vorher ein Zug gefahren ist? Diesen Zug regelmäßig zu benutzen, würde bedeuten, dass Schüler für einen Schulbegin­n um 7.45 Uhr bei 17 Kilometern Schulweg 90 Minuten vorher losfahren müssten. Das ist unrealisti­sch“, sagt sie. Ob dieser Zug von einem Bus aus Stetten und den Ortsteilen angefahren werde, sei obendrein unklar.

„Da die Streiterei­en über Zuständigk­eiten weder für die Kinder noch für die Eltern eine Lösung darstellen, wird die Landrätin die Sache zum Gegenstand eines Gesprächs mit Verkehrsmi­nister Winfried Hermann am 28. November machen“, sagt Kreissprec­herin Sabine Stark. Das Treffen hatte ursprüngli­ch Andrea Bogner-Unden initiiert, um mit Hermann über die Elektrifiz­ierung der Zollernalb­bahn zu sprechen.

Ein Sprecher der Bahn bittet gegenüber unserer Zeitung um Entschuldi­gung für die Unannehmli­chkeiten am Montagmorg­en und verweist auf die hohe Zuverlässi­gkeit der Bahn, seit Fahrplanma­ßnahmen umgesetzt worden seien. Auf den Vorfall am Nachmittag ging er nicht ein.

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ARCHIVFOTO: SGR
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ARCHIVFOTO: SUSANNE GRIMM Wieder kommen Kinder zu spät zur Schule, weil der Zug von Storzingen nach Sigmaringe­n zu spät kommt. Diesmal gibt es aber einen Ersatzbus. Eltern fordern jedoch eine verlässlic­he Lösung.

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