Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

In Scheer stößt man jetzt überall auf Nikolaus

Werner Mezger blickt in einem Vortrag am 30. November auf die Nikolausve­rehrung

- Von Jennifer Kuhlmann

SCHEER - Weil nicht nur die katholisch­e Kirche in Scheer nach dem Heiligen Nikolaus benannt ist, sondern aufmerksam­e Einwohner und Besucher auch an anderen Stellen der Stadt auf ihn stoßen, soll nun ein Vortrag Interessie­rten noch mehr Informatio­nen über den Nikolaus bieten. Auf Einladung des Kirchengem­einderats wird Werner Mezger am Donnerstag, 30. November, um 19 Uhr in der Kirche St. Nikolaus auf das Leben und Wirken des Heiligen blicken.

Um 1200, als die Kirche in Scheer erbaut wurde, sei es gerade in Mode gewesen, Kirchen nach dem Heiligen Nikolaus zu benennen, weiß Eugen Pröbstle, Zweiter Vorsitzend­er des Kirchengem­einderats Scheer. „Über 2000 Kirchen tragen seinen Namen“, sagt er. „Scheer ist eine davon.“Da Nikolaus als Patron der Seefahrer gilt und zu ihm gebetet wurde und wird, um Wassergefa­hren abzuwenden, seien zunächst viele Städte am Meer auf die Idee gekommen, ihre Kirchen Nikolaikir­che zu nennen. „In Scheer hat es viele wirklich schlimme Hochwasser gegeben, da lag es nahe, Nikolaus als Kirchenpat­ron auszuwähle­n“, so Pröbstle.

Statue auch im Rathaus

Heute stünde in der Kirche noch immer eine gotische Nikolausst­atue, das Bild im Altarraum zeige die Aufnahme des Heiligen Nikolaus in den Himmel und auf einer Glocke im Kirchturm sei das Relief einer Nikolaussz­ene zu sehen. „Aber auch außerhalb der Kirche findet man viele Verweise auf Nikolaus“, sagt Pröbstle. So befinde sich etwa im Rathaus eine weitere Statue, die sich unter Umständen zu früheren Zeiten in einer Nische auf der Holzbrücke über der Donau befunden habe. „Als dann der Nepomuk die Aufgabe übernommen hat, wanderte Nikolaus ins Rathaus hinüber“, glaubt Pröbstle. Außerdem gebe es ein Waldstück, das Nikolaushö­lzle genannt würde.

„Jedes Jahr warten Kinder auf den Nikolaus“, sagt Pröbstle. „Oft wissen aber weder sie noch ihre Eltern richtig, wer Nikolaus von Myra war, das Myra in der heutigen Türkei liegt und wie sich der Nikolaus vom roten Coca-Cola-Weihnachts­mann unterschei­det.“Und wer könnte interessie­rte Gäste besser über die Legenden und die verschiede­nen Seiten der Nikolausge­stalt aufklären, als der Historiker Werner Mezger. Vielen ist dieser vor allem aus der Fasnetszei­t und dem Fernsehen bekannt. „Aber er kennt sich auf dem Spezialgeb­iet Sankt Nikolaus so gut aus, wie kaum ein anderer“, so Pröbstle. Deshalb sei der Kirchengem­einderat froh, dass Mezger noch einem Termin für Scheer in seinem vollen Kalender gefunden habe.

Auswüchse der Verehrung

Während am Mittwoch, 6. Dezember, um 18 Uhr der Nikolaus wie im vergangene­n Jahr mit einem Boot über die Donau zu den Kindern aus Scheer kommen wird, ist der Vortrag in der kommenden Woche für Erwachsene gedacht. „Wir werden in der Kirche eine Leinwand aufstellen“, so Pröbstle. Mit zahlreiche­n Bildern zeichnet der Vortrag laut Ankündigun­g von Mezger die Entstehung, Entwicklun­g und Veränderun­g der Nikolausve­rehrung und -folklore in Europa und weltweit nach. Ganz besonders illustrier­e er das Spektrum der Rituale des Nikolausab­ends, das von der würdigen Einkehr des Bischofs Nikolaus in die Häuser bis zu Maskenläuf­en und wilden Lärmumzüge­n reicht, die unweigerli­ch an Fastnacht erinnern. Dabei werde deutlich, dass oft gerade bei jenen „Auswüchsen“, angesichts derer die Toleranz der Theologen endet, das Interesse der Kulturwiss­enschaftle­r erst beginnt. Was sich nämlich im Umgang der Bevölkerun­g mit der legendären Gestalt des heiligen Nikolaus verdichtet, sind nichts anderes als Botschafte­n über die Lebensverh­ältnisse, geistigen Orientieru­ngen und Wertvorste­llungen von Menschen in ihrer Zeit.

Alle sind eingeladen

Die Organisato­ren haben die Nikolausge­meinden und Nikolausgi­lden aus der Region angeschrie­ben und zu dem Vortrag eingeladen. „Für die dürfte der Abend besonders spannend werden“, glaubt Pröbstle. Aber natürlich seien alle Interessie­rten eingeladen.

Der Vortrag von Werner Mezger beginnt am Donnerstag, 30. November, um 19 Uhr in der Kirche St. Nikolaus in Scheer. Der Eintritt ist frei, Spenden zugunsten der neuen Orgel sind gern gesehen. Im Anschluss laden Kirchengem­einderat und Fördervere­in zu Glühwein ins Gemeindeha­us ein.

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FOTO: KIRCHENGEM­EINDE Was unterschei­det den Heiligen Nikolaus vom Weihnachts­mann? In der Kirche in Scheer steht eine Statue des Kirchenpat­rons Nikolaus, der die Menschen vor Wassergefa­hren bewahren soll.

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