Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Terror-Razzia in Augsburg
Polizei durchsucht 13 Wohnungen – Kontakt wohl auch nach Baden-Württemberg
AUGSBURG (dpa) - Aufgrund eines Terrorverdachts gegen drei Männer hat die Polizei am Donnerstag 13 Wohnungen in der Stadt Augsburg und im Umland durchsucht. Die Männer, ein zum Islam konvertierter Deutscher (31), ein Türke (22) und ein Afghane (22), sollen versucht haben, nach Syrien auszureisen und sich dort einer Terrorgruppe anzuschließen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft München mit. Ziel der Razzia sei es gewesen, Hintermänner sowie finanzielle und logistische Netzwerke aufzudecken.
AUGSBURG - Die Aktion der Polizei beginnt am Donnerstag frühmorgens, gegen sechs Uhr. Polizeibeamte rücken aus und durchsuchen in Stadt und Kreis Augsburg insgesamt 13 Wohnungen. Das Ziel der Ermittler: Das Umfeld dreier Männer aus dem Raum Augsburg, die vor einigen Monaten wohl gemeinsam in den islamistischen Kampf nach Syrien ziehen wollten.
Dort kamen die Männer aber nicht an. Sie wurden im Juni in der Türkei festgenommen, bevor sie die Grenze zu Syrien überqueren konnten. Die Ermittlungen drehen sich jetzt um die Frage, ob Bekannte oder Verwandte etwas von der bevorstehendenen Ausreise der Männer gewusst haben oder ob es sogar Helfer gab.
Unter den drei Männern, die sich in Syrien den Ermittlungen zufolge einer radikal-islamischen Rebellengruppe anschließen wollten, ist auch ein 31-jähriger Deutscher. Der in Augsburg geborene Mann konvertierte zum Islam und radikalisierte sich offensichtlich so stark, dass er zum Kampf bereit war. Die beiden weiteren Männer sind beide 22 Jahre alt. Es handelt sich um einen Afghanen und um einen Mann, der in Augsburg geboren und in der Region aufgewachsen ist, aber die türkischer Staatsbürgerschaft hat.
Ermittlungen seit Mai
Die Augsburger Polizei ermittelt bereits seit Mai gegen die Männer. Zu der Zeit waren sie aber bereits in die Türkei gereist, um von dort aus weiter nach Syrien zu gelangen. Sie wollten sich dort bei einer Miliz – es handelt sich nicht um den sogenannten „Islamischen Staat“– militärisch ausbilden lassen, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Georg Freutsmiedl am Donnerstag.
Weil der Fall als Terrorverfahren eingestuft wird, ist die Generalstaatsanwaltschaft in München dafür zuständig. Freutsmiedl geht davon aus, dass sich die Männer in Syrien „an Kampfhandlungen oder Anschlägen“beteiligten wollten. Aktuell sitzen sie in der Türkei in Untersuchungshaft. Hinweise, dass die Männer oder deren Umfeld Gewalttaten in Deutschland geplant hätten, gibt es keine.
Die Familie des türkischstämmigen 22-Jährigen, die im Kreis Augsburg lebt, wusste offenbar zunächst gar nichts von der Ausreise des Sohnes. Sie meldeten ihn als vermisst, als er im Frühjahr plötzlich weg war. Auch davon, dass er mit zwei weiteren Männern aus dem Raum Augsburg unterwegs ist, wollen sie nichts gewusst haben, wie sie sagen. Die Staatsschutzermittler der Polizei in Augsburg kamen aber offenbar bald auf die Spur der Männer. Erste Durchsuchungen soll es schon im Sommer gegeben haben.
Gerüchten zufolge könnten die jungen Männer auch Kontakt zu einer Moschee in Baden-Württemberg gehabt haben, die ein Treffpunkt von Islamisten sein soll. Das wollten die Behörden aber nicht bestätigen. Die Durchsuchungen am Donnerstag beschränkten sich jedenfalls auf den Raum Augsburg. Einen Mann suchten die Ermittler wohl an seiner Arbeitsstelle im Landkreis Donau-Ries auf, weil sie ihn zu Hause nicht antrafen. Der Mann wurde mit zur Polizei genommen und dort befragt.
Er ist der einzige aus dem Umfeld der drei Männer, der derzeit von den Ermittlern als Beschuldigter eingestuft wird. Der Verdacht gegen den Mann, der als Leiharbeiter in der Firma tätig ist, gilt aber offensichtlich nicht als besonders schwerwiegend. Nach Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft kam der Mann nicht in Untersuchungshaft. Das sei derzeit auch nicht vorgesehen, heißt es.
Bereits mehrere Fälle
Es ist nicht der erste Fall, in dem Menschen aus dem Raum Augsburg nach Syrien oder in den Irak ausreisen wollten. Einer nach Polizeiangaben „niedrigen einstelligen Zahl“von Personen ist das in den vergangenen Jahren tatsächlich gelungen.
Auch die Zahl der Islamisten, die in der Region leben und denen die Polizei eine Gewalttat zutraut, liegt in dieser Größenordnung. Vor zwei Jahren war der Fall einer 17-Jährigen bekannt geworden, die nach Syrien gereist ist. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass sie einen islamistischen Kämpfer geheiratet hat. Was aus ihr geworden ist, ist nicht bekannt. Keine der aus dem Raum Augsburg in das Kampfgebiet ausgereisten Personen sei bislang wieder zurück nach Deutschland gekommen, heißt es bei der Polizei.