Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Leinsamen macht Milch zur Marke

Bruno Germann, Roland Ummenhofer und Christine Landgraf vermarkten Milch

- Von Barbara Baur

HOSSKIRCH - Drei Milchbauer­n aus Watt bei Hoßkirch, Boms und Laubbach bei Ostrach haben ihre eigene Marke geschaffen. Unter dem Namen Wiesenherz vermarkten Bruno Germann, Roland Ummenhofer und Christine Landgraf Milch und Butter selbst. Eine Molkerei bei Kempten im Allgäu füllt die Milch ab, doch den Vertrieb übernehmen die Bauern. Dabei setzen sie vor allem auf ihr Alleinstel­lungsmerkm­al: Sie haben eine eigene Art der Fütterung entwickelt.

„Wir mischen dem Futter für unsere Kühe Leinsamens­chrot bei“, sagt Bruno Germann, der auf seinem Hof in Watt 220 Milchkühe hält. Das führe dazu, dass die Milch der Kühe andere Inhaltssto­ffe hat. Vor allem habe sie konstant einen hohen Wert an Omega-3- und ungesättig­ten Fettsäuren. „Das Fettsäurem­uster wird für den Menschen gesünder“, sagt er. Auch die Butter bekomme durch diese Fütterung spezielle Eigenschaf­ten. „Sie wird streichzar­t, ohne dass ihr Pflanzenöl beigemisch­t werden muss“, sagt er. Doch nicht nur für den Verbrauche­r sei die Leinsamenm­ilch gesund, sondern auch die Kuh profitiere von dieser Fütterung, fügt Roland Ummenhofer aus Boms ergänzend hinzu. „Die Kühe sind vitaler, haben eine bessere Verdauung und eine höhere Fruchtbark­eit“, sagt er.

Die Idee, eine eigene Marke zu kreieren, entstand aus dem Gedanken heraus, nicht mehr vom Weltmarkt abhängig zu sein. „Es gibt starke Schwankung­en beim Milchpreis. Deshalb wollten wir nicht mehr weitermach­en, wie zuvor“, sagt Christine Landgraf, die ihren Hof in Laubbach hat. Über die Emba – die Abkürzung steht für Erzeugerge­meinschaft Milch Bodensee Allgäu – bündeln rund 70 Mitglieder ihre Milch, um gemeinsam die Qualität zu kontrollie­ren und sie zu verkaufen. Über verschiede­ne Workshops kamen drei Landwirte aus Hoßkirch, Boms und Laubbach auf den Gedanken, ein eigenes Markenprod­ukt zu entwickeln.

Lange Testphase führt zum Erfolg

2010 testeten sie die Fütterung mit Leinsamens­chrot erstmals. Bis zum marktreife­n Produkt vergingen aber noch einige Jahre. Denn zuerst mussten sie herausfind­en, in welcher Form die Kühe die Samenkörne­r überhaupt verdauen und deren Nährstoffe aufnehmen können. „Mit normalem Leinsamen funktionie­rt es nicht“, sagt Christine Landgraf. „Er muss wärmebehan­delt und mechanisch bearbeitet werden, damit die Kuh ihn verwerten kann.“

Vier Jahre nach den ersten Tests gründeten die drei Landwirte Wiesenherz. Sie ließen sich nicht nur ihren Markenname­n und das Logo schützen, sondern auch die Leinsamenf­ütterung patentiere­n. Den bearbeitet­en Leinsamen beziehen sie aus Belgien, wo sich eine Firma auf diese spezielle Technik spezialisi­ert hat. Seit Mai vermarkten sie ihre Wiesenherz-Produkte im nördlichen BadenWürtt­emberg und seit acht Wochen stehen sie auch in vielen Regalen in der Region Oberschwab­en.

Bisher gibt es von Wiesenherz zwei Sorten Frischmilc­h und Butter. Die Vollmilch mit einem Fettanteil von 3,5 Prozent kostet laut unverbindl­icher Preisempfe­hlung 1,49 Euro, das Stück Butter 2,39 Euro. „Unsere Produkte liegen im oberen Preissegme­nt, aber durch die vielen ungesättig­ten Fettsäuren haben sie für den Verbrauche­r einen Mehrwert“, sagt Christine Landgraf. Außerdem seien die Produktion­skosten von Leinsamenm­ilch um vier Cent teurer pro Liter. Ein Vorteil für die Verbrauche­r sei außerdem die Transparen­z, weil zwischen ihnen und den Bauern keine Molkerei stehe. „Die Verbrauche­r wissen genau, woher die Milch kommt“, sagt sie.

Einmal in der Woche wird die Wiesenherz-Milch abgefüllt. Momentan wird sie von den drei Landwirten noch selbst vertrieben. Das bedeutet, dass sie die Verkäufer in den Märkten der Region ansprechen, ihre Produkte dort bewerben und sie selbst in die Märkte liefern. Für die drei Landwirte, hinter denen jeweils ein Familienbe­trieb steht, bedeutet das viel zusätzlich­e Arbeit. „Deshalb schauen wir nach Personal, das uns vor allem bei der Logistik unter die Arme greifen kann“, sagt Bruno Germann.

Bauern übernehmen den Vertrieb

Mit der Vermarktun­g hat Wiesenherz im Mai angefangen. Zuerst belieferte­n die drei Landwirte nur das Rewe-Zentrallag­er in Wiesloch. Von dort werden Rewe-Märkte im Norden Baden-Württember­gs beliefert. In Oberschwab­en steht Wiesenherz seit acht Wochen in den Regalen mancher Rewe- und Edeka-Märkte, etwa in Bad Schussenri­ed, Altshausen, Mengen, Bad Saulgau, Herberting­en, Ostrach und Sigmaringe­n. Doch auch kleine Märkte wie die Dorfläden in Hoßkirch oder Königseggw­ald haben Wiesenherz ins Sortiment aufgenomme­n. „Vor allem in den Dorfläden läuft es super“, sagt Christine Landgraf. Außerdem ist Wiesenherz rund um Neu-Ulm und Heidenheim aktiv.

Weitere Produkte wie Fruchtmilc­h sind in Planung, außerdem soll die Wiesenherz-Milch kein regionales Produkt bleiben. Die drei Landwirte aus Oberschwab­en hoffen, sie irgendwann in ganz Deutschlan­d zu verkaufen.

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FOTO: BARBARA BAUR Roland Ummenhofer, Christine Landgraf und Bruno Germann (von links) mischen dem Futter ihrer Kühe Leinsamens­chot bei.

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