Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Willkommene Finanzspritze
Manche behaupten, es gebe dieses unsichtbare Band zwischen Mutter und Tochter, das aus einer Erziehungsberechtigten und ihren weiblichen Nachfahren zwangsläufig befreundete Gilmore-Girls werden lässt, die ihre Klamotten tauschen, sich verschwörerische Blicke zuwerfen und sich gegenseitig die Haare flechten. Eine Verbindung so eng, dass kaum ein Mann, und sei es der Vater, dazwischen passt. Ich persönlich finde das gruselig, auch wenn schon das eine oder andere Paar
Schuhe innerhalb der Familie den
Besitzer gewechselt haben mag.
Seit kurzem glaube ich aber, dass es diese enge Band auch außerhalb von amerikanischen TV-Formaten geben kann. Kürzlich schrieb mir meine beste Freundin aufgelöst, sie sei in Hamburg beim Schwarzfahren erwischt worden. „60 Euro!“, empörte sie sich bei mir – die brav jeden Parkschein, jedes Verkehrsticket und Eintritt löst und entsprechend die falsche Adresse für Mitleid war. Für meine Freundin mit kleinem Trainee-Gehalt in der großen Hansestadt natürlich dennoch doof. Ihr Ärger kehrte sich aber in Euphorie um, als sie abends in ihrer Wohnung ankam und 60 Euro aus ihrem Adventskalender herauszog – den hatte ihr die Mutter vor Wochen aus dem 700 Kilometer entfernten Heimatort in den Norden geschickt. Ein besseres Timing für eine Finanzspritze gibt es ja wohl nicht. „Mütterlicher Instinkt“, würde Rory Gilmore vermutlich dazu sagen.