Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bei Anruf Knast
Natürlich hat ein Mensch, der in einer Gefängniszelle schmort, jede Menge Zeit zum Telefonieren. Und weil es die französische Justiz nicht gerne sieht, wenn Handys in die Haftanstalten geschmuggelt werden, wird es in Zukunft in jeder Zelle einen Festnetzanschluss geben. Frankreich will damit erreichen, dass die Inhaftierten den Kontakt zur Familie besser aufrechterhalten können. Darüber hinaus sind natürlich auch andere Nutzungen denkbar. Zum Beispiel ist schnell mal eine Pizza bestellt, wenn sich das anstaltsinterne Abendessen als unge- nießbar herausstellen sollte. Auch der Anruf bei der Zeitansage ist flink erledigt, wenn ein Insasse wissen möchte, wie viel es geschlagen hat – und wann er denn jetzt endlich mit Entlassung rechnen darf.
Der revolutionäre Ansatz hat während einer Testphase in Nordfrankreich bereits erfreuliche Ergebnisse gezeigt. So berichtet die Tageszeitung „Le Monde“, dass die Zahl der hereingeschmuggelten Handys seit der Installation der Telefone um 31 Prozent zurückgegangen ist. Damit steht die verblüffende Erkenntnis jetzt amtlich fest, dass jemand, der im Zimmer ein Telefon hängen hat, nicht umständlich eines für viel Geld hereinschmuggeln lässt.
Infolgedessen drängt sich für die Deutsche Post AG natürlich der Gedanke auf, noch einmal über die guten alten Telefonzellen nachzusinnen – nicht nur wegen der begrifflichen Nähe zur Haftzelle. Denn wäre es nicht wunderschön, wenn die Renaissance der Telefonzellen dazu führen würde, dass die sinnlose Handybenutzung um mindesten 31 Prozent zurück ginge? (nyf)