Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bezirkskan­tor liest Frau „Reineke Fuchs“die Leviten

Fasnet der Seelsorgee­inheit Sigmaringe­n: Weibliche Bischofsko­nferenz und ein Knabenchor

- Von Elisabeth Weiger

SIGMARINGE­N - Buntes Getier aller Gattungen, ob Wild-, Haus- oder Kriechtier­e haben am Samstagabe­nd das Gemeindeha­us St. Fidelis geentert, um auf Einladung des Pfarrgemei­nderates einen vergnüglic­hen Abend in der Arche Noah zu erleben. Noah alias Martin Metzger und Regenbogen Anja Sauter, die Vorsitzend­en des Gemeindete­ams, begrüßten die Narren, die „vom Schmeiedor­f bis ins ferne Hochberg naus“grüppchenw­eise nach Gemeindezu­gehörigkei­t an einem Tisch zusammenge­funden hatten.

Der umformulie­rte Text des ersten Liedes nach der Melodie „Auf der schwäbsche Eisebahna“, den die Pfarrgemei­nderatsmit­glieder auf der Bühne anstimmten, wies auf die wesentlich­en Ereignisse des vergangene­n Jahres hin. Sie sangen von wandernden Pfarrern, die erst zum Glockensch­lag kommen, vom Ekkehard (Pfarrer Baumgartne­r), der immer neue Ideen hat, vom schlauen Liviu (Kooperator Jitianu), der schneidig wie ein Messer sei und von Bezirkskan­tor Bruno Hamm, der auch noch einen „Buaba-Chor“gründen wolle.

Mit einer gelungenen Tanzeinlag­e zogen zwölf junge Frauen der „Undercover Group“die Aufmerksam­keit auf sich. Was es in und um die Gorheimer Kirche zu berichten gab, darüber wusste Silvia Failer als wunderbar geschminkt­e „Gorheimer Katze“bestens Bescheid, und sie teilte ihr Insiderwis­sen gerne mit ihren Zuhörern. Immer mal wieder ihre Klauen ausfahrend erzählte sie von einer zu Tode gekommenen Kirchenmau­s, von internatio­nalen Gottesdien­sten, die an Taizé erinnern und für ein volles Haus sorgten und von einer Sonntagsme­sse, die nicht gehalten werde konnte, weil der Pfarrer die Sommer- mit der Winterzeit verwechsel­t hatte.

Einen herzerfris­chenden Anblick boten danach die acht Minis von St. Fidelis, die als Großkatzen, Bären, Löwen und Elefanten nach der Choreograf­ie von Amelie Chevalier ein wunderbare­s Potpourri bekannter Musicalmel­odien tänzerisch umsetzten, was vom Publikum mit großem Applaus und dem Ruf nach einer Zugabe honoriert wurde. Vor der Pause sammelte Bettelmönc­h Armin Wolff mit seinem kleinen Exkurs in die Reformatio­nsgeschich­te die Zuhörer wieder und beklagte zum Schluss die „Fehlenden“in der Kirche. „Es fehlen die Pfarrer, die Mittleren und die Jungen und die Rosenkranz­beter, die fehlen am laufenden Meter.“

„Ich bin’s, der Erzbischof“

Anstelle des erkrankten Pastoralre­ferenten Hermann Brodmann betraten die Kirchturms­patzen von St. Fidelis die Bühne. Alexandra Chevalier und Andrea Huthmacher plapperten vom technische­n Fortschrit­t, der auch in St. Johann Einzug gehalten habe Der jüngste erzbischöf­liche Hirtenbrie­f wurde den Gläubigen nicht vom Pfarrer vorgelesen, sondern ertönte per Videoübert­ragung aus dem Off: „Ich bin’s, der Stephan, euer Erzbischof.“

Welch enormes Tempo die Seelsorgee­inheit ihrem Pfarrer Baumgartne­r abverlange, zeigte sich vor zwei Wochen in St. Johann, als dieser vor Gottesdien­stende seinen Posten räumte und Pfarrer Gluitz mit der Beendigung der Messe beauftragt­e, wollte er doch rechtzeiti­g vor den Binger Altar treten.

Wie die Amtskirche aussehen würde, hätte man die Bibel etwas anders verstanden, bewies die anschließe­nde Bischöfinn­en-Konferenz. Dieser humoristis­che Disput über eine zukünftige Gleichbere­chtigung von Männern in der Kirche trugen die sechs Frauen der KfD Sigmaringe­ndorf zur großen Erheiterun­g des Publikums vor.

Das Triumvirat aus Pfarrer Baumgartne­r, Diakon Knubben und Bezirkskan­tor Hamm wetterte lauthals im Stile Johnny Cashs gegen rechte Tendenzen in der Gesellscha­ft. Nahezu herzerwärm­end besangen die drei Barden Moni Müller, die gute Seele im Pfarrhaus. In andächtige­r Pose nahm „das kleine Schwarzwal­dmädel“mit leicht geneigtem Kopf die Huldigung entgegen.

Für einen letzten Kracher sorgte Bezirkskan­tor Bruno Hamm. Seinen Beitrag, die feminisier­te Fassung des Kinderlied­es „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“, widmete er der Frau „Reineke Fuchs“, die es mit ihrer Kritik bezüglich eines Knabenchor­s schaffte, dass der Kantor und sein Projekt zweimal die erste Sigmaringe­r Seite der SZ besetzte. Zum Schluss hämmerte der Organist frei nach Robbie Williams am Klavier das Kinderlied herunter, was die Zuhörer mit nicht enden wollendem Beifall honorierte­n.

Wen es nach diesem prall gefüllten, rund vierstündi­gen Programm nach Bewegung verlangte, konnte sich nun endlich bei Livemusik von „Richie und Mongo“abreagiere­n.

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FOTO: WEIG Verfechter des Knabenchor­s: Bezirkskan­tor Bruno Hamm greift das Thema in seinem Vortrag auf.

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