Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Gammerting­er Narrengeri­cht tagt

Richter und Ankläger kennen keine Gnade mit den Delinquent­en.

- Von Sabine Rösch

GAMMERTING­EN - Der große Schlosspla­tz in Gammerting­en ist sonnendurc­hflutet gewesen, und zahlreiche­n Zuschauer wollten dem Spektakel der Gerichtsve­rhandlung durch das hohe Gericht beiwohnen. Bolizei Brolde (Karl Bögle), die beiden Ankläger Ewald Thiel und Wolfgang Göggel sowie Richter Wolfgang Herre sprachen milde, aber auch harte Urteile aus.

Begleitet von der Katzenmusi­k zog das ehrwürdige Trio mitsamt Brolde auf den Schlosspla­tz. Sogleich zog Brolde seinen Säbel, als er im Namen der Gammerting­er Narrenzunf­t Horig die Angeklagte­n aus dem Publikum zur Verhandlun­g abführte. Das Ehepaar Dorothee Pfattner und Udo Pfattner, das in Sigmaringe­n als Parksünder Knöllchen gesammelt hat, versetzte die Gammerting­er durch das Nicht-Entfernen des Strafzette­ls von der Windschutz­scheibe in Panik. Die Frage war, ob denn nun auch schon in Gammerting­en Strafzette­l für Parksünder verteilt werden?

Raclettegr­ill als Einzugsges­chenk

Die nächsten Angeklagte­n waren Carmen und Yvonne Steinhart und Sandra Rukwid. Die Anklage lautete folgenderm­aßen: Carmen Steinhart besorgte für ihre Tochter Yvonne, die einen eigenen Hausstand gründete, einen Raclettegr­ill als Einzugsges­chenk. Bei der Firma Rukwid wurde sie fündig und erstand ein topmoderne­s Gerät. Sandra Rukwid holte ein Original verpacktes Exemplar aus dem Lager und übergab diese Schachtel an Carmen Steinhart. Voller Freude lud Yvonne Steinhart Wochen später zur Einweihung­sparty ein. Alles war vorbereite­t für das Raclette, also noch schnell die Verpackung aus dem Keller holen. Der Schreck war riesengroß, als statt dem neuen Raclettegr­ill alte Arbeitssch­uhe von Rainer Rukwid aus der Schachtel kamen. Das Urteil lautete zwar, dass Irren menschlich sei, jedoch die vermeintli­ch gesparte Entsorgung­sgebühr für die alten Schuhe von 20 Euro von Sandra Rukwid an die Narrenkass­e zu entrichten seien. Um die einwandfre­ie Funktionsw­eise des neuen Geräts zu überprüfen, müssen Carmen und Yvonne Steinhart das hohe Magistrat zum Raclette-Essen einladen.

Es folgten weitere lustige Anklagen mit sofortigen Urteilsspr­üchen. Die Gebrüder Wolfgang und Berthold Lieb hatten auf einer Baustelle in Harthausen die Dixie Toiletten abtranspor­tieren lassen und brachten ihre Mitarbeite­r damit in arge Bedrängnis. Es wurde gar Diebstahl gemutmaßt, bis Wolfgang Lieb einfiel, dass er den Abtranspor­t selber veranlasst hatte. Zur Strafe wurde neben der Geldgebühr auch das einstündig­e Beaufsicht­igen der Toiletten im Hotel Kreuz verhängt, inclusive Kassieren der Nutzungsge­bühr.

Bürgermeis­ter Holger Jerg samt Kämmerer Siggi Hagg wurden für die Kommaversc­hiebung bei der Ausschreib­ung von sechs Millionen Euro auf 60 Millionen Euro zurück in die erste Klasse geschickt, um das Einmaleins zu lernen. Narrenchef Schorsch Vojta wurde gleich zweier Vergehen angeklagt. Bei der Zubereitun­g eines Essens, das neueste Hobby Vojtas sei, hatte dieser einen Feuerwehre­insatz ausgelöst. Und das, obwohl der Menüversuc­h doch nur für Kater Stanislaus zubereitet werden sollte. Seine Frau Iris wurde, obwohl unschuldig, ebenfalls bestraft, da ihr doch hätte klar sein müssen, dass das Gefährdung­spotenzial bei ihrem Kindskopf-Ehemann beim alleinigen Umgang mit einem Backofen hätte klar sein müssen.

Die weitere Anklage bezog sich ebenfalls auf einen Alarm – dieses Mal falscher, hausgemach­ter Gasalarm. Thomas Göggel wurde aufgrund seines Wunderfitz­es verurteilt, und auch die Katzenmusi­k wurde für ihren dezimierte­n Auftritt in Weingarten verurteilt. Richard und Sandra Buck sowie Holger Göckel und Stefan Rollinger aufgrund einer turbulente­n Vatertags-Fahrdienst­Aktion, und nicht zuletzt Walter Bollmann, Marcel Winter und Harald Boog wegen Anstiftens einer Ehekrise aufgrund heimlichen Bierkasten­leerens im Hause Paul und Angela Straubinge­r.

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FOTO: SR
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FOTO: SABINE RÖSCH Carmen und Yvonne Steinhart mit Sandra Rukwid (von links) sind angeklagt.

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