Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Beklemmend ist das Orgelspiel ohne Töne
Michael Pelzel zaubert verschiedenste Stimmungen auf Flügel und Orgel
SIGMARINGEN - Die evangelische Kirchengemeinde hat ihrem Publikum mit dem Musiker und Komponisten Michael Pelzel ein ganz besonderes Konzert mit wechselnden Örtlichkeiten angeboten. Es begann im Gemeindehaus am Flügel, nach einem kleinen Empfang wechselte das Publikum in die Kirche, wo der Musiker an der Orgel weiter spielte.
Pelzels Kompositionen sind atemberaubend, seine Art, an der Orgel zu spielen, eine Offenbarung und sein Klavierspiel hochsensibel. Kantor Sukwon Lee bezeichnete es als eine Ehre, den international anerkannten Komponisten Michael Pelzel als Nachbar und Freund zu haben.
Pelzel hatte eine spannungsvolle Programmdramaturgie ausgearbeitet. Das Konzert begann am Flügel mit einem Präludium und einer Fuge von Johann Sebastian Bach in der heiteren D-Dur Tonart und endete an der Orgel mit einem weiteren Präludium und Fuge in D-Dur von Bach. Dazwischen verblüffte Pelzel sein Publikum.
Am Flügel spielte er wundervolle romantische Musik. Vier Werke aus Edvard Griegs „Lyrischen Stücken“bot er höchst emotional differenziert, filigran und aufgeladen dar. Die Souveränität und Tiefe der Musikalität erzeugten eine Transparenz, die voller Licht und Ruhe war. Virtuos zauberte Pelzel das „Regentropfenprélude“von Frédéric Chopin. Das beherrschte und lyrische Spiel hielt die Hörer in Atem. Die „Mazurka“erklang bewegt, festlich und pointiert. Im zweiten Teil des Konzerts schien es, als ob Pelzel auf magischer Weise das Farbenspektrum der evangelischen Orgel erweitert hätte. Frescobaldis anspruchsvolle „Toccata“erklang so farbenreich und so voller Kontraste, wie man es hätte nicht erwarten können.
Höhepunkt sind selbst komponierte Werke
Der Höhepunkt des Konzerts waren zweifellos die Werke Pelzels, die „Etudes – Bagatelles I und II“für Orgel. Die erste Bagatelle spielte er mit nur halb herausgezogenen Registern. Es ergab sich ein dunkler, gedämpfter und diffuser Klang, wodurch eine bedrohliche Atmosphäre entstand, als ob einem die Klangwelt und die Welt selbst abhandengekommen wäre.
In der zweiten Bagatelle zeichnete Pelzel eine Angst in den Raum, die noch beklemmender war: Ohne Klang, nur mit der Tastatur und dem Pedal suggerierte er ein entsetztes Wegrennen, ein Sich-retten-wollen, das unheimlich packend war. Immer wieder erklang ein leiser Akkord, wie ein Licht oder einen Hoffnungsschimmer.
Danach legte sich die Angst im tröstlichen Gebet der „Choral-Improvisationen“von Sigfrig KargElerts. Pelzel gestaltete sie sehr eindringlich und intensiv. Doch wieder steigerte der Organist die Spannung. Mit Messiaens „Le Dieu caché“und „Prière après la Communion“forderte er der Orgel eindrucksvollen Klang ab und es entstand fast eine kathedralenartige Atmosphäre. Fulminant gestaltete Pelzel diese große Intensität der Gottessuche, der musikalischen Frage nach Immanenz und Transzendenz und Geborgenheit in Gott. Schließlich hob er die Spannung mit dem hellen und heiteren Präludium und Fuge in D-Dur von Bach wieder auf. Und zauberte sogar mit der italienischen Zugabe ein Lächeln auf die Lippen der Zuhörer.