Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Razzia gegen Osmanen Germania
Rocker unter Verdacht illegaler Aktivitäten
STUTTGART (lsw) - Mit Durchsuchungen ist die Polizei in mehreren Bundesländern gegen die türkischnationalistische Straßengang Osmanen Germania vorgegangen. Kurz nach 6 Uhr begannen am Dienstagmorgen auch in acht Objekten in Baden-Württemberg die Durchsuchungen, wie das Innenministerium mitteilte. Mehr als 100 Polizisten waren im Südwesten im Einsatz. Festnahmen gab es nicht. Es wurden aber Unterlagen, Handys und Speichermedien beschlagnahmt.
„Wir begegnen allen kriminellen Rockern und rockerähnlichen Gruppierungen mit einer Null-ToleranzStrategie“, betonte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Es bestehe der „dringende Verdacht, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins Osmanen Germania BC den Strafgesetzen zuwiderlaufen“, hieß es im Bundesinnenministerium zu den Aktionen auch in Nordrhein-Westfalen und Hessen. Schwerpunkt war NRW, wo 41 Objekte durchsucht wurden. Die Polizei setzte auch Spezialkräfte ein.
Baden-Württembergs Innenminister Strobl nannte nur die Landkreise, nähere Details gab er nicht bekannt. Dem Vernehmen nach wurden in den Gefängnissen in StuttgartStammheim und Offenburg Zellen von mutmaßlichen Angehörigen der weltweiten Führungsebene der Osmanen durchsucht. Dort sitzen seit Sommer 2017 der mutmaßliche „Weltpräsident“und sein „Weltvize- präsident“in Untersuchungshaft. Vom 26. März an müssen sie sich, wie sechs weitere mutmaßliche Osmanen, in Stuttgart vor dem Landgericht verantworten. Ihnen werden unter anderem versuchter Mord, versuchter Totschlag, räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung, Zwangsprostitution und Zuhälterei vorgehalten.
Die türkisch-nationalistische, rockerähnliche Straßengang Osmanen Germania steht nach Einschätzung des NRW-Innenministeriums in Verbindung zur türkischen Regierungspartei AKP und zum Umfeld des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Gruppierung vertrete türkisch-nationalistische und rechtsextremistische Positionen. Die Aktivitäten der Osmanen richteten sich gegen die PKK, linksextremistische Türken und die Gülen-Bewegung – und würden von türkischen Behörden als „Terrorbekämpfung“befürwortet.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums besteht der dringende Verdacht, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins den Strafgesetzen zuwiderlaufen. In Baden-Württemberg existieren laut Ministerium sechs Ortsgruppen (Chapter) mit etwa 100 Mitgliedern und Unterstützern. Auseinandersetzungen gab es zuletzt vor allem mit türkischen Kurden der Straßengang „Bahoz“.
Die Durchsuchungen sollten der Aufklärung von Vereinsstrukturen und Aktivitäten dienen, erklärte Baden-Württembergs Innenminister Strobl. Im Bundesinnenministerium hieß es, der Verein bezeichne sich zwar als Boxclub und gebe vor, Jugendliche von der Straße holen zu wollen. Tatsächlich aber liege der Zweck in der gewalttätigen Gebietsund Machtentfaltung sowie in der Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden rockerähnlichen Gruppierungen.