Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Lula bleibt kämpferisch
Brasiliens Ex-Präsident tritt Gefängnisstrafe an
MEXIKO-STADT - Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hat seine Haft angetreten. Vorher ließ er sich von seinen Anhängern feiern.
Auch in seinem vorerst letzten Moment in Freiheit machte Lula das, was er am besten kann. Sich in Rage reden, Zuhörer mitreißen und Siegeswillen vermitteln. „Ich werde mich nicht verstecken, ich stelle mich und werde meine Unschuld beweisen“, versprach der 72-Jährige am Samstag vor mehreren Hundert Anhängern seiner Arbeiterpartei PT. Knapp eine Stunde dauerte seine Mischung aus Abrechnung mit der Justiz und politischem Manifest. Dann trugen ihn seine Anhänger auf Schultern.
Kurz danach bestieg Lula ein Auto der Bundespolizei, das ihn zum Flughafen von São Paulo brachte, von wo er nach Curitiba im Süden des Landes geflogen wurde, um im dortigen Gefängnis seine zwölfjährige Haftstrafe anzutreten, zu der er wegen angeblicher Vorteilsnahme und Geldwäsche verurteilt worden war. Zuvor hatte er eine von Antikorruptionsrichter Sérgio Moro gesetzte Frist verstreichen lassen, sich bis zum Freitagnachmittag um 17 Uhr Ortszeit zu stellen.
Dabei hatte Lula große Pläne für diesen Herbst. Am 7. Oktober wollte er erneut die Präsidentenwahl gewinnen und dann Anfang 2019 wieder in den Palácio do Planalto einziehen. Vom Präsidentensitz in Brasilia hat der PT-Politiker zwischen 2003 und Anfang 2011 das größte Land Lateinamerikas mit Reibeisenstimme und großem Charisma regiert. Millionen Brasilianer stiegen in dieser Zeit aus der Armut in die Mittelklasse auf.
15 Jahre nach Beginn seines steilen Aufstiegs ist der Mann, der in eine mittellose Bauernfamilie im armen Nordosten Brasiliens geboren und ein Politpopstar wurde, wieder ganz unten angelangt. Aus dem Gefängnis kann er vorerst zwar auch seinen Wahlkampf weiterführen. Aber realistisch ist die Kandidatur für die Wahl im Herbst nicht.
Eher Indizien als Beweise
Lula fühlt sich zu Unrecht verfolgt und hält den Prozess für ein politisches Verfahren, mit dem er aus dem Präsidentenamt ferngehalten werden soll. Tatsächlich sind die Beweise eher Indizien, die belegen sollen, dass er sich hat bestechen lassen. Doch selbst wenn er vielleicht nicht bewusst Bestechungsgelder angenommen hat, wusste er wohl von den Korruptionsfällen um den Erdölkonzern Petrobras und die Baufirma Odebrecht. Allerdings misst die brasilianische Justiz mit zweierlei Maß: Richter Moro geht besonders hart gegen die Ikone der Linken vor, während er rechte Politiker mit weniger Eifer verfolgt.