Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Das Problem heißt Berlusconi
Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella sucht weiter nach einer Regierung. Vergangene Woche empfing er die Repräsentanten aller im Parlament vertretenen Parteien. Damit sondierte er die Möglichkeit, einen der Parteichefs mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Kein leichtes Unterfangen, denn eine Mehrheit ist nicht in Sicht. Gegenüber stehen sich zwei politische Blöcke, die, geht es nach ihren Wählern, miteinander möglichst wenig zu tun haben sollen. Wurde ihnen doch während des aggressiven Wahlkampfs immer wieder gesagt, dass die andere Seite der Leibhaftige sei.
Aus den Wahlen am 4. März ging die Fünf-Sterne-Bewegung M5S des Ex-Komikers Beppe Grillo mit ihrem Spitzenkandidaten Luigi Di Maio (31) mit 33 Prozent aller Stimmen als stärkste Partei hervor. Ihr steht das Mitte-Rechts-Bündnis aus der rechten Partei Lega und der Forza Italia gegenüber – mit 37 Prozent. Das Mitte-Links-Bündnis mit den aus der Regierung ausscheidenden Sozialdemokraten kam nur auf 23 Prozent.
Weder die M5S noch die Lega wollen mit den Sozialdemokraten paktieren. Forza Italia unter Führung des Medienzaren Silvio Berlusconi wäre hingegen dazu bereit. M5S will auch kein Bündnis mit dem ihr verhassten Berlusconi, der, so Di Maio, „für das Alte und Korrupte Italiens steht“. Di Maio könnte sich indes ein Bündnis mit der Lega vorstellen. Deren Chef Salvini will aber nicht auf die Koalition mit Berlusconi verzichten. Und ohne Forza Italia wäre die Lega in einem Regierungsbündnis mit M5S nur ein Juniorpartner.
„Eine durch und durch verfahrene Situation“, meint Wahlforscher Ilvo Diamanti. „Eine politische Sackgasse, die eine Regierungsbildung auf die lange Bank schreiben wird.“Sollte es auch im Anschluss an eine zweite Runde beim Staatspräsidenten in dieser Woche keine Aussicht auf eine Koalition geben, hätte Mattarella zwei Möglichkeiten: Entweder ruft er Neuwahlen aus, oder aber nominiert einen Politiker seines Vertrauens mit der Bildung einer Übergangsregierung, die vor allem das Ziel haben sollte, ein neues Wahlrecht zu verabschieden, das endlich klare Regierungsmehrheiten schaffen wird. Dies wollen alle Parteien.
Nicht ausgeschlossen ist aber, dass sich die Lega und M5S doch noch annähern. Da nicht abzusehen ist, dass die Lega mit Forza Italia brechen wird, müsste die M5S Berlusconis Partei akzeptieren. Das wäre nur möglich, wenn Berlusconi sich zurückzöge und Antonio Tajani, NochPräsident des EU-Parlaments und Forza-Italia-Mitglied, die Parteiführung übernehmen würde. Mit Tajani hat Di Maio weniger Probleme.
„Ein Sandkorn im Getriebe“
Tatsache ist, dass sich Lega und M5S jeden Tag mehr annähern. Die Lega wäre bereit, Di Maios Idee eines bedingungslosen Grundgehalts zu akzeptieren. Und die Fünf Sterne würden die von der Lega propagierte niedrige Einheitssteuer unterstützen. Beide wollen derzeit auch keine Referenden über einen Ausstieg aus dem Euro oder der EU anstreben.
„Eine Regierung könnte es theoretisch schon morgen geben“, sagt Wahlforscher Diamanti, „wenn es da nicht Berlusconi gäbe. Er ist ein riesiges Sandkorn im Getriebe.“