Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Es ist nicht zu erkennen, was Trump erreichen will“
Nahost-Experte Guido Steinberg sagt, bei einem US-Angriff sei das Risiko deutlich größer als der Nutzen
BERLIN - Um den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu stoppen, sei es zu spät, sagt Guido Steinberg, Nahost-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, im Gespräch mit Tobias Schmidt.
Ist es eine richtige Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Syrien nach der Giftgasattacke anzugreifen?
Es ist nicht zu erkennen, was Trump mit einem Angriff erreichen will. Schon vor einem Jahr haben die USA nach einer Giftgasattacke eine syrische Luftwaffenbasis bombardiert. Das hatte keinerlei Auswirkungen auf die Lage in Syrien und auch keine Auswirkungen auf die Fähigkeit des Regimes von Machthaber Baschar alAssad, weiter Giftgas einzusetzen.
Moskau attackiert Washington wegen seines Vorgehens, droht mit Gegenschlägen. Wie gefährlich ist die Konfrontation der beiden Großmächte?
Das Risiko, dass sich die Spannungen zwischen den USA und Russland zuspitzen, ist deutlich größer als der Nutzen, den ein US-Angriff auf Assads Militär hat. Es ist nicht auszuschließen, dass die Amerikaner einen russischen Soldaten in Syrien treffen, die dort präsent sind. Das birgt eine enorme Gefahr.
Assad hat fast das ganze Land wieder unter seiner Kontrolle. Warum sollte er dennoch Giftgas eingesetzt haben?
Das Regime setzt Giftgas ein, um die Bevölkerung zu terrorisieren und die Menschen aus den Rebellengebieten zu vertreiben. So war es 2013 und Anfang vergangenen Jahres. Ernste Konsequenzen gab es für Assad damals nicht, weil Russland und der Iran ihre schützende Hand über ihn halten. Das Regime in Damaskus weiß, dass es letztlich nichts zu befürchten hat. Durch die Bombardierung eines Luftwaffenstützpunktes lässt sich Assad nicht einschüchtern und von weiteren Giftgaseinsätzen abhalten.
Assad ist nicht mehr zu stoppen?
Nein, dafür ist es zu spät. Barack Obama war 2013 blauäugig. Es war klar, dass Assad nicht seine gesamten Giftgasbestände abgeben würde. Auch für einen großen Militäreinsatz des Westens gegen Damaskus wäre es längst zu spät. Die traurige Wahrheit ist: Der Westen hat letztlich ein Interesse daran, dass Assad nicht fällt. Sonst wären die Islamisten schnell wieder auf dem Vormarsch und der syrische Staat würde auseinanderbrechen. Assad ist angesichts dieser Alternative das kleinere Übel. Die Russen haben sich längst entschieden und hinter ihn gestellt. Eine Militäraktion gegen Assad wäre nicht möglich, ohne gegen die Russen zu kämpfen. Und das ist keine Option.
Die USA stimmen sich eng mit Frankreich und Großbritannien ab. Ist Deutschland in dem Konflikt nur Zuschauer?
Deutschland ist außen vor. Die Bundesrepublik ist kein sicherheitspolitischer Akteur. Mit uns kann man Handelsfragen besprechen, aber keine ernsthaften militärischen Aktivitäten. Da spielen wir sowieso nicht mit, das ist ja bekannt. Dass Trump Kontakt zu Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und zu Theresa May in London hält, ist sinnvoll. Dass er nicht in Berlin anruft, mag viele deutsche Politiker ärgern. Aber außer guten oder weniger guten Ratschlägen haben die Deutschen nichts zu bieten.