Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Hilfe für Irak-Rückkehrer
Bundesregierung will bis zu 10 000 Menschen fördern
BAGDAD/ERBIL (KNA) - Deutschland verstärkt seine Zusammenarbeit mit dem Irak bei der Rückkehr und Wiedereingliederung von Flüchtlingen. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vereinbarte dazu am Sonntag in Bagdad mit der irakischen Regierung unter anderem die Eröffnung von zwei Beratungszentrener. Das erste eröffnete der Minister am Sonntagnachmittag in Erbil in der Region Kurdistan, ein weiteres ist geplant.
Die Zentren sind Teil des Programms „Perspektive Heimat“, mit dem im Irak Ausbildungsplätze und Jobs an zurückkehrende Flüchtlinge vermittelt werden sollen. Ziel sei es, bis zu 10 000 Iraker, die in Deutschland keine Bleibeperspektive hätten, zu unterstützen. Niemand solle als „Verlierer“heimkehren müssen, betonte Gerd Müller vor Ort. Ähnliche Programme unterhält Deutschland mit Tunesien, Marokko, Ghana und dem Senegal.
Für die deutsche Regierung sind diese beiden Männer eine Art Vorbild: Ahmed Abdulameer (28) und Abu Bakar Ahmed (22) sind zwar beide nach Deutschland gegangen, um dort ihr Glück zu versuchen. Inzwischen sind sie aber wieder zurück im Irak und können mit ihrer Arbeit ihre Familien ernähren – der eine als Teilhaber einer Parfümerie, der andere als Taxifahrer. Sie sind in ihr Heimatland zurückgekehrt, weil sie nach einem Jahr in Deutschland – ohne Sprachkenntnisse und ohne Arbeit – keine Chancen auf eine bessere Zukunft gesehen haben. Geholfen hat ihnen bei ihrem Neustart im Irak die Internationale Organisation für Migration (IOM), die mit fünf Büros in verschiedenen Landesteilen vertreten ist.
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ist sichtlich erfreut, als ihm die beiden in einem Hotel in Bagdad, in dem er eine Kooperationsvereinbarung mit der IOM unterzeichnet hat, von ihrem Lebensweg erzählen. Denn die Männer haben das vorgemacht, was sich Müller von Tausenden anderen Irakern in Deutschland erwarten würde: Sie sind freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration (Bamf) wären rund 11 700 Iraker ausreisepflichtig, 8600 von ihnen haben aber eine Duldung. In der Flüchtlingsstatistik stellen Iraker mit rund 120 000 Asylbewerbern die zweitgrößte Gruppe nach Syrern.
Müller geht es jedoch um mehr als um eine erzwungene Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Er will bis zu 10 000 irakische Migranten in Deutschland überzeugen, dass sie ihren Lebenstraum auch in ihrer Heimat verwirklichen können – zumal sich der Irak seit dem Ende der militärischen Auseinandersetzungen mit dem „Islamischen Staat“zu stabilisieren scheint. Niemand solle als „Verlierer“in seine Heimat zurückkehren müssen, sagte der CSU-Politiker, der am Nachmittag in der kurdischen Stadt Erbil ein Migrationsberatungszentrum eröffnete.
„Der Irak ist ein reiches Land“
Frieden, gute Wirtschaftsbedingungen, Ausbildungsmöglichkeiten, Arbeitsplätze – das sind die Ziele, die Müller im Irak erreichen will. Deshalb setzt er auf die Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft und mit der irakischen Regierung – und auch auf Druck, wenn es sein muss. „Der Irak ist ein reiches Land“, sagt Müller. Aber um dieses Potenzial nutzen zu können, brauche es entschieden weniger Korruption und Bürokratie im Land – und das sei Aufgabe der irakischen Regierung unter Premierminister Haider al-Abadi. Jedoch ist nicht absehbar, ob diese Zusammenarbeit auch künftig so weitergehen wird. Am 12. Mai wählen die Iraker ein neues Parlament.
Wie sehr der Bundesregierung daran gelegen ist, den Irak zu stabilisieren, verdeutlichen auch die Hilfszusagen. In diesem Jahr sollen wie bereits 2017 rund 350 Millionen Euro fließen. „Damit steht Deutschland auf Platz zwei der Geber insgesamt“, sagt Müller. Geld, mit dem sein Ministerium beispielsweise den Aufbau von Schulen in Mossul und die Wasserversorgung in der Region Kurdistan unterstützt. Rund 2,5 Millionen irakische Binnenflüchtlinge sind bereits wieder in ihre Heimatorte zurückgekehrt, allein in Mossul gibt es zwischen 700 000 und 800 000 Rückkehrer. Eine Zahl, die der Entwicklungsminister gerne erwähnt. Beweist sie seiner Meinung nach doch, dass die Rückkehr von Flüchtlingen möglich ist, sobald einige Voraussetzungen erfüllt sind.