Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gelb-schwarze Renaissance
Borussia Dortmund zeigt beim 4:0 über Leverkusen sein besseres Gesicht – Reus trifft zweimal
DORTMUND (dpa/SID) - Borussia Dortmund fühlte sich plötzlich wieder wie in besseren Zeiten. „Wir haben zwei Gesichter“, sagte Doppeltorschütze Marco Reus nach der spielerischen Wiederauferstehung mit der 4:0 (1:0)-Gala gegen Bayer Leverkusen. „Das begleitet uns durch die gesamte Saison. Heute hat man gesehen, dass die Mannschaft intakt ist. Von der Mentalität und vom Charakter her haben wir eine super Leistung gezeigt.“Der Dortmunder FußballBundesligist rehabilitierte sich nicht nur für das bittere 0:2 auf Schalke eine Woche zuvor, sondern kam seinem Saisonziel erheblich näher. Und er versöhnte sich nach zuletzt schwachen Auftritten zumindest ein Stück weit mit den Fans.
„Wir haben ein paar Tage länger gebraucht, um die Derby-Niederlage aufzuarbeiten“, gestand Trainer Peter Stöger nach dem höchsten Sieg unter seiner Regie. „Die Mannschaft hat einen gute Reaktion gezeigt. Das war nicht unbedingt zu erwarten.“Umso mehr freute sich der BVB-Übungslei- ter, dass sein auf einigen Positionen umgekrempeltes Team gegen den direkten Konkurrenten all die Tugenden zeigte, die zuletzt häufig vermisst wurden: Aggressivität, Spielfreude, Tempo, Leidenschaft, Kompaktheit, Zweikampfstärke.
„Wir sind nicht so stabil. Deswegen ist jeder Dreier, den wir machen, ein großer Schritt. Aber es ist noch nichts erreicht“, sagte Stöger allerdings auch, über dessen Zukunft es noch immer keine Klarheit gibt. „Wir werden in den nächsten Wochen sagen, wer ab 1. Juli Trainer beim BVB ist“, kündigte Sportdirektor Michael Zorc nach der Partie an.
Mit dem Erfolg zogen die Borussen an Bayer vorbei. Dortmund hat nun als Tabellendritter mit fünf Punkten Vorsprung auf den Fünften Hoffenheim beste Aussichten, die Champions-League-Qualifikation in den letzten drei Partien klarzumachen.
Mann des Spiels war Reus, der zwar mit seinem schwachen Elfmeter an Bernd-Leno-Vertreter Ramazan Özcan scheiterte (37. Minute), aber nie aufsteckte und vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw mit zwei Toren (55./79.) glänzte. Das 18-jährige britische Talent Jadon Sancho, zweimal Vorbereiter, mit seinem ersten Bundesligator (13.) und der in die Spitze beorderte Maximilian Philipp (63.) steuerten die übrigen Treffer bei.
Die frustrierten Anhänger hatten vor dem Anpfiff mit Plakaten („Den Stellenwert des Derby nicht verstanden. Versager!“) ihren Unmut bekundet. „Das ist das Recht der Fans“, sagte Julian Weigl, der wie Reus und Mario Götze noch um ein WM-Ticket kämpft. „Ich weiß, was ich drauf habe. Aber natürlich musst du das Woche für Woche zeigen“, so Weigl. Götze, zuletzt nur Kurzarbeiter, überzeugte bei seiner Rückkehr in die Startelf mit Fleiß, Übersicht und einer Vorlage. „Gerade nach der Derby-Geschichte“, sagte er, „wollten wir ein Ausrufezeichen setzen.“
„Kein Männerfußball“
Neben den Leverkusenern gab es aber auch einen Verlierer beim BVB: Mit der Verbannung des formschwachen Kapitäns Marcel Schmelzer auf die Tribüne setzte Peter Stöger ein deutliches Signal. Zwar führte der Trainer „rein sportliche“Gründe an, doch Schmelzers Vertreter Manuel Akanji machte seine Sache auf der linken Abwehrseite sehr gut. Laut Michael Zorc war Schmelzer „not amused“über die Ausbootung. „Wir brauchen jeden, auch den Kapitän“, betonte Stöger, deutete aber an: „Wenn die Mannschaft so spielt, wird es für ihn nächste Woche nicht leicht.“
Das gilt auch für Leverkusen: Beim 2:6 im Pokal gegen den FC Bayern und der „Klatsche“(Sportdirektor Rudi Völler) in Dortmund kassierte Bayer zehn Gegentore binnen vier Tagen und muss sich nun schnell wieder sortieren, um die Königsklasse zu erreichen. Das Polster ist auf zwei Punkte geschmolzen. „Wir haben alles noch selbst in der Hand“, sagte der Ex-Dortmunder Sven Bender – von den BVB-Fans gefeiert – nach seiner verpatzen Rückkehr. Allerdings muss sich dazu einiges tun. Denn, so sah es zumindest Bayer-Stürmer Kevin Volland: „Wir haben über 90 Minuten keinen Männerfußball gespielt.“