Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Jede Woche das Gleiche“
0:1 beim HSV, fünfte Niederlage in Serie – SC Freiburg steckt tief im Abstiegskampf
HAMBURG (dpa/SID) - Christian Streich kommt der Verzweiflung im Moment ganz oft sehr nah. Sein größtes Ärgernis scheint dabei nicht mal die Negativserie seines SC Freiburg zu sein, sondern: die Schiedsrichter. Auch nach dem 0:1 beim Hamburger SV haderte der Trainer mit der Ungerechtigkeit der Fußballwelt. „Die Jungs verstehen die Welt nicht mehr“, sagte Streich, „Woche für Woche“werde sein Team benachteiligt: „Ich gewöhne mich daran. Ich sollte nichts dazu sagen und es einfach so hinnehmen“, ärgerte sich der 52-Jährige nach der fünften Pleite nacheinander. Diesmal meinte er die GelbRote Karte für seinen Abwehrspieler Caglar Söyüncü. Einige Tage zuvor war es der Videobeweis-Elfmeter beim 0:2 in Mainz. Und noch weiter davor der kuriose Platzverweis für Nils Petersen beim 0:2 auf Schalke.
„Aber ich bin daran gewöhnt. Ich gewöhne mich daran Woche für Woche, weil ich nichts anderes machen kann. Das einzige, was man machen kann, ist ruhig zu bleiben“, sagte Streich. Das fällt dem impulsiven Coach derzeit aber ganz besonders schwer. Und auch bei einigen seiner Spieler liegen die Nerven blank. Aus Frust über die Niederlage sollen sie ihre Kabinentür im Hamburger Volksparkstadion demoliert haben. „Das wurde bereits unter den Vereinen geregelt. Wir übernehmen die Rechnung. Sowas sollte nicht passieren“, bestätigte SC-Sportvorstand Jochen Saier der „Bild“, die auch ein Foto der Tür postete.
Die aktuelle Bilanz des SportClubs liest sich wie die eines Absteigers. Seit acht Spielen ist Freiburg ohne Sieg, fünf Niederlagen am Stück, davon viermal in Serie ohne eigenes Tor. Hoffnung dürfte dem Sport-Club lediglich das vergleichsweise leichte Restprogramm machen. Am kommenden Samstag
(15.30 Uhr/Sky) kommt der Tabellenletzte 1. FC Köln ins SchwarzwaldStadion. Danach geht es nach Mönchengladbach, und am letzten Spieltag wartet ein weiteres Heimspiel gegen Keine Aktion der Filigrantechnik – Hamburgs Gideon Jung (li.) räumt Freiburgs Florian Kath ab.
den FC Augsburg. „Wenn wir unsere Heimspiele gewinnen, bin ich zuversichtlich, direkt in der Liga zu bleiben“, sagte Mittelfeldspieler Mike Frantz. Angesichts der zuletzt dürftigen Auftritte wird sich aber nicht nur Streich fragen, wie das gelingen soll. Vom eigenen Anspruch, Fußball zu spielen, ist der SC derzeit weit entfernt. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Verletzungspech, schwache Neuzugänge und der immer noch schwerwiegende Verlust der ehemaligen Topscorer Maximilian Philipp (Dortmund) und Vincenzo Grifo (Mönchengladbach).
„Wir sind nicht ganz unvorbereitet, dass so etwas passieren kann in Freiburg“, sagte Streich – und meinte den Abstieg. Wie er das verhindern will? „Wir müssen versuchen, dass wir Qualität erzeugen in den 90 Minuten. Dass wir so eine gute Qualität haben, egal was mit uns gemacht
wird, egal was mit uns passiert.“Denn auch gegen Köln könnte es wieder strittige Schiedsrichter-Entscheidungen geben.
Beim Hamburger SV ist die Ausgangslage deutlich schlechter, dennoch ist das Selbstvertrauen beim 17. Christian Streich
der Tabelle ausgeprägter als bei den fünf Punkte in Front liegenden Breisgauern. „Aus psychologischer Sicht wäre ich jetzt nicht gern der Gejagte – sondern lieber der Jäger“, sagte Lewis Holtby und schickte den ersten verbalen Giftpfeil in Richtung der Keller-Konkurrenz. Und auch die Fans skandierten: „Auswärtssieg,
Auswärtssieg“und forderten mit Blick auf das nächste Kellerduell am Samstag beim VfL Wolfsburg den nächsten Schritt Richtung Wunder. „Wenn wir das Spiel gewinnen würden, wäre es wie eine Art Viertelfinale, dann müssten wir das nächste Spiel auch wieder gewinnen“, sagte der gut gelaunte HSV-Trainer Christian Titz zur Partie bei den Wölfen. Aber Titz mahnte auch: „Ich glaube, dass Euphorie gefährlich ist, innerhalb der Mannschaft müssen eher Selbstvertrauen, Fokussierung und Gier einkehren.“Dies scheint der Fall zu sein, Holtby will wieder einen „absoluten Überlebensfight“wie gegen Freiburg sehen.
SC-Trainer Streich sieht sich als Mentaltrainer gefordert. „Wir müssen schauen, dass wir das emotional weghalten“, sagte der 52-Jährige. Das Zittern um den Klassenerhalt wird wohl endgültig ein Psychospielchen. Tore: 0:1 Ratgeber (6., Foulelfmeter), 1:1, 2:1 Kiermeier (43., 63.), 3:1 Hellmann (86.). – Zuschauer: 308. – Gelb-Rote Karte: Nierichlo (Ulm; 42.), wiederholtes Foulspiel.
„Ich sollte nichts dazu sagen und es einfach so hinnehmen.“
Regionalliga Bayern (35. Spieltag)
W. Burghausen – FC Memmingen 2:0 (1:0) Tore: 1:0 Scioscia (14.), 2:0 Pöllner (77.). – Zuschauer: 780.
FV Illertissen – FC Pipinsried 0:0 Zuschauer: 350. – Rote Karte: F. Rupp (Illertissen; 39.), taktisches Foulspiel.
1860 München – FC Augsburg II 1:1 (0:0) Tore: 1:0 Mölders (62.), 1:1 Greppmeier
(85.). – Zuschauer: 12 500.