Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der Poker-Verlierer heißt Hasenhüttl
RB Leipzig und der Erfolgstrainer trennen sich, Marco Rose dürfte übernehmen
LEIPZIG (dpa/SID/zak) - Die Zeit von Ralph Hasenhüttl bei RB Leipzig ist nach einer bemerkenswerten Erfolgsgeschichte abrupt zu Ende gegangen. Der 50 Jahre alte Österreicher bat den Fußball-Bundesligisten nach zwei Jahren um die Auflösung seines Vertrages, nachdem der Verein ihm eine vorzeitige Verlängerung verweigert hatte. „Es ist völlig legitim, dass sich der Club entschieden hat, keine Verlängerung anzustreben. Wir haben jedoch auch betont, dass es für beide Seiten nicht wünschenswert wäre, ohne eine langfristig geklärte Zukunft in ein letztes Vertragsjahr zu gehen“, sagte Hasenhüttl.
Der Ex-Aalener war im Sommer 2016 vom FC Ingolstadt zum damaligen Aufsteiger gewechselt und hatte RB zur Vizemeisterschaft und in die Champions League geführt. In dieser Saison schafften es die Leipziger als Viertelfinalist in die Europa League und wurden Bundesliga-Sechster. „Nach gemeinsamen Erfolgen sollte man deshalb ehrliche Worte an den Tag legen können und auch ein klares Nein statt ein beschwichtigendes Ja wählen dürfen“, erklärte Hasenhüttl – zwischen den Zeilen klang da doch große Enttäuschung mit.
Nachfolger aus Salzburg?
Der Karren in Leipzig war ziemlich verfahren: Die Vereinsführung mit Sportdirektor Ralf Rangnick und Vorstandsboss Oliver Mintzlaff wollte mit Hasenhüttl vor Weihnachten verlängern, da wollte aber der nicht. „Ich wäre sehr gerne gemeinsam mit Ralph Hasenhüttl als Cheftrainer in die nächste Saison gegangen“, sagte Rangnick. „Im Gegensatz zum Winter bin ich allerdings mittlerweile zu der Erkenntnis gekommen, dass ein weiteres gemeinsames Jahr zunächst einmal ausgereicht hätte.“Das allerdings war für Hasenhüttl keine Grundlage, sondern ein Misstrauensvotum.
Wer den Posten übernimmt, ist offen. Ein naheliegender Kandidat wäre Marco Rose, der es mit dem RB-Ableger Red Bull Salzburg bis ins Halbfinale der Europa League geschafft hatte. Rose, 41, ist gebürtiger Leipziger, hat sich über die U16 und U18 der Salzburger hochgedient, hat mit den Junioren 2017 sogar die European Youth League gewonnen und sorgte bei den Männern mit seinem Powerfußball und taktischen Finessen für Furore, wie auch Lazio Rom und Borussia Dortmund feststellen mussten, die gegen die Salzburger am Ende machtlos waren. Ein Kandidat wäre auch Rangnick selbst. Er hatte RB vor gut zwei Jahren als Trainer in die Bundesliga geführt. Klar ist, dass der mächtige RB-Sportdirektor Rangnick mit der Entscheidung gegen eine Verlängerung Hasenhüttls, der in Spieler- und Fankreisen hohes Ansehen und große Sympathiewerte genießt, nun gehörig unter Druck steht. Unter den Fans löste das Ende der gemeinsamen Arbeit großen Unmut aus.
Die Bayern wollten ihn
Spekulationen um die Zukunft von Hasenhüttl gab es seit Monaten. Zuerst wurde er als Kandidat für den Trainerposten beim FC Bayern gehandelt, später auch bei Borussia Dortmund – damals ließ ihn Rangnick aber nicht ziehen. Im ZDF-Sportstudio antwortete Hasenhüttl auf die wiederholte Frage, ob Bayern ihn wollte, mit „Ja“. Die Verlängerung mit Leipzig aber lehnte er ab. Er war mit der jungen Mannschaft in der Champions League hinter Besiktas und Porto ausgeschieden, hatte sich aber vor Monaco noch in die Europa League gerettet. Der Trainer wollte offenbar zunächst erst sehen, was mit dem Team und dem Konzept, junge Spieler bis 24 Jahre zu holen und keine Unsummen auszugeben für gestandenere Profis, international möglich ist. RB setzte sich gegen Neapel und St. Petersburg durch, im Viertelfinale war Schluss gegen Marseille. Das Aus kam auch bedingt durch Ausfälle wichtiger Spieler.
Seine Hinhalte-Taktik kam bei den Leipziger Clubbossen offenbar nicht gut an, genau wie Hasenhüttls phasenweise Abkehr vom Überfall-Pressing. Nach einer Serie von vier Niederlagen und einem Remis und dem Verpassen der Champions League wurde seine Arbeit dann in Frage gestellt. Rangnick, auf den der Fall nicht unbedingt ein liebevolles Bild wirft, sprach mit Blick auf eine Verlängerung davon, dass man sehe müsse, „ob wir eine Grundlage finden, über 2019 hinaus weiter zusammenzuarbeiten“.
Hasenhüttl dagegen wäre zuletzt gerne langfristig geblieben, die Gespräche wurden dann auf die Zeit nach dem Saisonende verschoben. Durch das 6:2 am letzten Spieltag in Berlin hatte der Trainer noch mal gute Argumente gesammelt. Doch Rangnick misstraute ihm offenbar.