Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zur Person Hanseat
„Elder ja, Statesman – weiß ich nicht“, sagt Klaus von Dohnanyi auf die Frage, ob er sich treffend beschrieben fühlt. Der frühere Erste Bürgermeister von Hamburg sitzt entspannt am Schreibtisch, blickt in den Garten der Stadtvilla im noblen Harvestehude, wo er mit seiner dritten Frau, der Schriftstellerin Ulla Hahn, lebt. „Was ist ein Statesman? Wir sind alle vernünftige Mitglieder eines politischen Prozesses.“Vornehme Zurückhaltung – kurz vor seinem 90. Geburtstag am Samstag.
Am 23. Juni 1928 in Hamburg geboren, ist der Jurist seit Jahrzehnten Teil dieses Prozesses. Ob als Abgeordneter des Deutschen Bundestages, als Bundesbildungsminister in den 70-ern unter Kanzler Willy Brandt, als Staatsminister im Auswärtigen Amt oder als Bürgermeister.
Der Chefposten im Hamburger Rathaus, den er von 1981 bis zu seinem Rücktritt 1988 innehatte, ragt für ihn aus der Vielzahl von Aufgaben, Ämtern und Mandaten heraus. „Ich habe in meinem Leben ja sehr viel auch auf Bundesebene getan – Bafög eingeführt, den Airbus vorangebracht, unsere Raumfahrt neu geordnet.“Das sei alles sehr interessant gewesen. „Aber diese sieben Jahre als Bürgermeister waren unvergleichlich.“
Charakterstärke ist für den Vater einer Tochter und zweier Söhne eine zwingende Voraussetzung. Und die sieht er in Zeiten von Facebook & Co. bedroht. „Die neuen Medien behindern die Entwicklung von Sekundärtugenden und Zivilcourage, verhindern die Entwicklung von Sitte und Anstand in der Gesellschaft.“
Ein Onkel von Dohnanyis war der von den Nazis ermordete Theologe Dietrich Bonhoeffer. Sein Vater Hans wurde kurz vor Kriegsende als Widerstandskämpfer im KZ Sachsenhausen umgebracht. Martin Fischer/dpa