Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
JVA-Aufseher kassierte für Hasch und Handys
SPD-Fraktion im Landtag hakt nach, wie es zu den Vorfällen in Ravensburg kommen konnte
RAVENSBURG - Der Fall eines Drogen schmuggelnden Gefängnisaufsehers in Hinzistobel hat jetzt den baden-württembergischen Landtag beschäftigt. Auf einen Antrag der SPDFraktion hin beantwortete Justizminister Guido Wolf einige unangenehme Fragen. Dabei kamen neue Details heraus, die bislang unbekannt waren. Wie berichtet, soll ein 29-jähriger angehender Justizvollzugsbeamter zwischen Oktober 2017 und März 2018 mehrmals Haschisch, Marihuana, illegale Kräutermischungen und Mobiltelefone, die in Gefängnissen ebenfalls verboten sind, nach Hinzistobel geschmuggelt haben. Die Staatsanwaltschaft Ravensburg ermittelt nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen zwei Insassen und die Ehefrau eines Gefangenen, die den Schmuggel offenbar mit organisiert hat und die Päckchen in den Briefkasten des JVA-Mitarbeiters geworfen hatte.
Der justizpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Sascha Binder, wollte in seinem Antrag aber auch wissen, wie der Schmuggel bekannt wurde, ob weitere Mitarbeiter der JVA Ravensburg beteiligt waren und welche Konsequenzen die Landesregierung aus dem Vorfall zieht. Dabei kam heraus, dass es im März ganze zwei Wochen dauerte, bis die Anstaltsleitung nach dem Hinweis eines Gefangenen die Polizei informiert hat. Das sei aber nicht ungewöhnlich, äußerte sich Robin Schray, Pressesprecher des Justizministeriums, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. „Grundsätzlich kommen Behauptungen von Gefangenen über angebliche Verfehlungen von Beamten leider häufiger vor; in den allermeisten Fällen erweisen sich diese als unbegründet. Vor diesem Hintergrund können zunächst sorgfältige interne Ermittlungen durchaus angezeigt sein.“
Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen sollen in acht Fällen etwa zehn Gramm Haschisch, 3 Gramm Marihuana und 18 Gramm Kräutermischung in die JVA geschmuggelt worden sein. Der mutmaßliche Täter hat behauptet, er sei davon ausgegangen, dass nur CDs in den Päckchen waren. Er räumte allerdings ein, zweimal 200 Euro für seinen illegalen Zustelldienst kassiert zu haben. Kurz nach seiner Vernehmung im April hat er ein weiteres Paket mit acht Mobiltelefonen in seinem Briefkasten gefunden, die von der Ehefrau eines Gefangenen eingeworfen worden waren.
Er meldete sie freiwillig der Kripo, woraufhin die Dame identifiziert werden konnte. Laut Justizminister Guido Wolf kommt es selten vor, dass Justizbeamte dabei ertappt werden. Zwischen 2013 und 2017 wurde kein Fall bekannt. Im Jahr 2004 waren es vier, 2005 bis 2012 jeweils ein bis drei Fälle jährlich. Der angehende Beamte aus Ravensburg wurde in Folge seines Fehlverhaltens entlassen. Generell würden Justizbeamte sehr sorgfältig ausgewählt und Bewerber vorher gründlich durchleuchtet, geht aus der Antwort auf den Antrag hervor.
Häufiger als Mitarbeiter schmuggeln Angehörige oder Freunde von Häftlingen Drogen ins Gefängnis. Deshalb werden die Gefangenen, deren Zellen und andere Räumlichkeiten wie etwa Werkstätten regelmäßig kontrolliert, ebenso wie Besucher. Aber: „Trotz all dieser Maßnahmen lässt sich das unerlaubte Einbringen von Gegenständen in den Justizvollzug nicht vollständig verhindern.“Denn schließlich müsse der Aufenthalt in einer Strafanstalt menschenwürdig bleiben. „Die Beantwortung unseres Antrages zeigt, dass der Schmuggel von Gegenständen durch Justizbeamte in BadenWürttemberg zum Glück sehr selten ist. Eine größere Gefahr ist der Schmuggel von Gegenständen durch Besucherinnen und Besucher“, meint SPD-Politiker Binder zusammenfassend.