Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ein Kaufzuschuss wäre besser“
BERLIN - Was bringt das
Baukindergeld? Ökonom
Claus Michelsen, Spezialist für Immobilienmärkte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, hält die Pläne der Regierung für falsch. Hannes Koch hat mit ihm gesprochen.
Herr Michelsen, halten Sie das Baukindergeld der großen Koalition für eine gute Sache?
Wegen der steigenden Immobilienpreise in attraktiven Städten und Regionen können immer weniger Bürger dort Eigentum erwerben. Deshalb ist das Baukindergeld eine Förderung, die von ihrer Absicht her vertretbar ist.
Eine Familie mit zwei Kindern würde innerhalb von zehn Jahren 24 000 Euro vom Staat geschenkt bekommen, wenn sie eine Wohnung kauft. Voraussetzung: Sie darf maximal 105 000 Euro pro Jahr versteuern. Benötigen Leute, die relativ hohe Einkommen beziehen, diese Unterstützung?
Solche Verdienste dürften in vielen Fällen ausreichen, um die laufenden Kreditkosten zu decken – auch ohne Baukindergeld. Damit stellt die Förderung oft nur ein willkommenes Geschenk dar, das man mitnimmt, aber nicht wirklich braucht. Besser wäre es dagegen, einen staatlichen Zuschuss zur Kaufsumme zu zahlen. Noch zielgenauer sind staatliche Bürgschaften.
Warum halten Sie Zuschüsse oder Bürgschaften am Anfang für besser als die langfristige Förderung der Kreditkosten?
Weil dann auch Haushalte in den Genuss kämen, die nicht zum oberen, wohlhabenden Drittel der Bevölkerung gehören. Die entscheidende Hürde beim Kauf ist das fehlende Eigenkapital. Viele Familien haben kein Vermögen und erben nichts. Ihnen nützt das Baukindergeld in der jetzt geplanten Form wenig.
Hat es Sinn, dass man – wie die Koalition plant – das Baukindergeld nur drei Jahre beantragen kann und dann wieder Schluss ist?
Überhaupt nicht. Das verschlimmert die Situation. Viele Leute werden schnell zuschlagen, um sich die Förderung zu sichern. Der enge Zeitraum wird die Immobilienpreise zusätzlich in die Höhe treiben.
Die Bundesregierung sagt, sie würde auch den sozialen Wohnungsbau vorantreiben. Sind ihre Pläne ausreichend?
Vorläufig ist genug Geld da. Denn in den vergangenen Jahren wurden die vorhandenen Fördermittel nicht vollständig abgerufen. Mittelfristig allerdings sollte die Bundesregierung zusätzliche Finanzen bereitstellen. Der Bestand an öffentlich geförderten, für die Mieter günstigen Wohnungen ist in den vergangenen Jahren zu stark gesunken.