Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ein Gehalt ist für viele Familien zu wenig
Leistungen reichen laut einer Studie für Teilhabe und Bildung nicht aus – Sozialverbände fordern Reformen
BONN (AFP/KNA) - Das Armutsrisiko von Kindern wird einer Studie zufolge maßgeblich davon bestimmt, ob ihre Mütter arbeiten. Das gelte für Alleinerziehende ebenso wie für Paarfamilien mit einem zweiten Verdiener, erklärte die Bertelsmann-Stiftung am Mittwoch unter Berufung auf eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB). Sie forderte mehr Hilfe für Frauen am Arbeitsmarkt sowie Reformen der staatlichen Zahlungen für Kinder.
96 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden ohne Job wachsen laut der Untersuchung dauerhaft oder wiederkehrend in Armut auf. Als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Laut Studie sind Kinder von Alleinerziehenden nur dann nicht von Armut bedroht, wenn die Mütter Vollzeit arbeiten. Bei einer Teilzeitbeschäftigung leben 20 Prozent der Kinder dauerhaft oder wiederkehrend, weitere 40 Prozent zeitweise in Armut, wie es hieß. Wenn Mütter in Paarfamilien keinen Job haben, lebt rund ein Viertel der Kinder dauerhaft oder wiederkehrend in Armut, wie es hieß. Arbeitet die Mutter jedoch Vollzeit, Teilzeit oder in einem Minijob, seien die Kinder meist finanziell abgesichert.
Arme Kinder nehmen laut Bertelsmann nur eingeschränkt am sozialen und kulturellen Leben teil. Die bestehenden Leistungen für Bildung und Teilhabe reichen nach Ansicht der Stiftung nicht aus. Die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen sollten systematisch erfasst und auf dieser Grundlage ein Teilhabegeld eingeführt werden.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, sieht die Politik in der Verantwortung, einen Rahmen für familienfreundliche Arbeitsmodelle zu schaffen. Eltern sollten Zeit zum Arbeiten und für die Familie haben. Deshalb müsse die Kinderbetreuung zu Randzeiten ausgebaut und das Rückkehrrecht in Vollzeit eingeführt werden.
Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte eine gezielte Unterstützung von Alleinerziehenden und äußerte Kritik am Steuersystem. „Alleinerziehende werden ähnlich besteuert wie Singles, während verheiratete Paare vom Ehegattensplitting profitieren können.“Der Kinderzuschlag müsse reformiert und „armutsfeste HartzIV-Regelsätze“eingeführt werden.