Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Heckler & Koch in Liquiditätsschwierigkeiten
Der Waffenhersteller verbrennt sein Geld so schnell, dass die Ratingagentur Moody’s Alarm schlägt
RAVENSBURG - Der angeschlagene Waffenhersteller Heckler & Koch kommt von immer mehr Seiten unter Druck. Neben dem Prozess um Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollund Außenwirtschaftsgesetz durch ehemalige Mitarbeiter schlägt nun auch die Ratingagentur Moody’s Alarm: Den Kreditwächtern zufolge verbrenne das Unternehmen aus Oberndorf sein Geld so schnell, das Heckler & Koch seine Gesellschafter womöglich erneut um Hilfe bitten muss. Aufgrund der prekären Liquiditätsituation senkte Moody’s die Bonitätsnote von Heckler & Koch um eine weitere Stufe auf Caa1. Das ist tief im spekulativen Bereich. Der Ausblick: negativ.
Moody’s macht die schwache Liquiditätssituation und die „sehr hohe Verschuldung“dafür verantwortlich. Dabei hatte sich der Waffenhersteller erst im vergangenen Sommer mit einer umfassenden Neuordnung der Finanzen Luft verschaffen wollen: mit zwei neuen Darlehen über insgesamt 170 Millionen und einer Kapitalerhöhung über 50 Millionen Euro. Geholfen hat es wenig: Vor drei Monaten musste Heckler & Koch einen Überbrückungskredit über 30 Millionen Euro abschließen, um finanziell über die Runden zu kommen. Moody’s schätzt, dass das Unternehmen wegen des hohen Vorfinanzierungsbedarfs von Großaufträgen eine Mindestliquidität von 30 Millionen Euro benötigt, um das Geschäft am Laufen zu halten. Per Ende Mai hatte Heckler & Koch nach Informationen der Ratingagentur aber nur noch 28 Millionen Euro liquide Mittel zur Verfügung. Nun droht dem Unternehmen nach Meinung von Moody’s auch noch der Bruch von Kreditklauseln. Dadurch könnten die Gesellschafter gezwungen sein, neues Kapital nachschießen zu müssen.
Das Geschäft läuft nicht
Grund für die Misere ist Moody’s zufolge das schwache operative Geschäft. Allein in den ersten vier Monaten 2018 ist das operative Ergebnis der Waffenschmiede um 60 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum gesunken. Probleme macht derzeit vor allem das US-Geschäft: Die Produkteinführung von neuen Pistolen im amerikanischen Markt verzögerte sich, zudem entwickelt sich die Nachfrage in den USA generell schwächer als erwartet. Darüber hinaus hat Heckler & Koch mit seinem IT-System zu kämpfen, glaubt Moody’s. Bestellprozesse hätten sich verzögert, sodass Produkte zu spät geliefert wurden.
Anfragen der „Schwäbischen Zeitung“zur finanziellen Lage ließ Heckler & Koch unbeantwortet. Generall ist die Lage in dem verschwiegenen Unternehmen für Außenstehende mehr als unübersichtlich: So ist nicht einmal bekannt, um wen es sich bei dem Großaktionär handelt, der den jüngsten Überbrückungskredit gegeben hat. Es gibt Gerüchte, dass sich der Finanzinvestor und ehemalige Heckler-&-Koch-Geschäftsführer Andreas Heeschen zurückgezogen hat. Stattdessen tauche immer wieder der Name Nicolas Walewski auf, berichtet das Finanzmagazin „Finance“. Der Franzose habe die Vermögensverwaltung Alken gegründet, die wiederum in enger Verbindung zu zweien der vier Aufsichtsratsmitglieder von Heckler & Koch stehe.
Auch die verbleibenden Minderheitsaktionäre werden so schnell keine Antworten auf ihre Fragen bekommen: Die für Dienstag dieser Woche anberaumte Hauptversammlung hat Heckler & Koch am vergangenen Freitag kurzfristig abgesagt – wegen der „unerwartet hohen Anmeldezahl“. Ein Nachholtermin steht noch nicht fest.