Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Plötzlich Gruppensieger
Schweden schießt sich Frust von der Seele – Doch auch Mexiko darf (ein bisschen) feiern
JEKATERINBURG (SID/dpa) - Die schwedische WM-Party in der Arena von Jekaterinburg hatte längst ihren Höhepunkt erreicht, da begriffen langsam auch die geschlagenen Mexikaner ihr großes Glück. Nach und nach sickerte die Nachricht von der sensationellen deutschen Niederlage im 700 Kilometer entfernten Kasan durch. Eigentorschütze Edson Alvarez heulte im Zwiespalt der Gefühle, seine Teamkollegen blickten sich immer wieder fragend an. Konnte es wirklich wahr sein?
Chicharito und Co. schauten ungläubig auf ihre jubelnden Fans, der riesengroße Frust nach der herben Pleite wandelte sich in Sekundenschnelle in pure Freude. Tatsächlich, Deutschland hatte verloren und Mexiko war doch weiter. Damit hatte nach der enttäuschenden Vorstellung niemand der El Tri mehr gerechnet.
Die Schweden verdienten sich dagegen ihren ersten Einzug in die K.oRunde seit zwölf Jahren mit dem Mut, der ihnen beim unglücklichen
1:2 gegen Deutschland gefehlt hatte. Der Bremer Ludwig Augustinsson
(50.) und Kapitän Andreas Granqvist
(62.) per Foulelfmeter hatten Blågult bereits belohnt, ehe Alvarez (74.) für die Entscheidung sorgte. „Ein Traum ist wahr geworden. Wahnsinn“, sagte Augustinsson und richtete sein Wort an die Deutschen: „Sie sind eine fantastische Mannschaft. Aber das ist Fußball. Deutschland hatte seine Chance. Vor vier Tagen haben wir noch in letzter Minute verloren.“
Nach der glücklichen Qualifikation für die K.o-Runde wachsen die Zweifel der so stark gestarteten Mexikaner wieder. Die klare Niederlage wird ihre Spuren hinterlassen. Mehr als 10 000 mexikanische Fans sorgten in Jekaterinburg für Heimspielatmosphäre. Sie mussten aber mit ansehen, wie sich ihr Team trotz einer kurzen Drangphase nur mit Glück ohne Gegentor in die Halbzeitpause und dann später nur dank der Hilfe der noch schwächeren Deutschen ins Achtelfinale rettete.
Die Schweden glauben auch im Achtelfinale an ihre Chance. „Wir sind seit dem Spiel gegen Deutschland ein ganzes Stück gewachsen“, lobte Trainer Janne Andersson. Schadenfreude nach den Auseinandersetzungen mit den Deutschen nach dem Schlusspfiff in Sotschi kannte er nicht: „So denke ich nicht. Nicht in einer Million Jahre.“Waren die Schweden nach ihrer Führung gegen den Weltmeister verzagt und hatten sich zurückgezogen, spielten sie gegen Mexiko von der ersten Minute an auf Sieg. Alleine der ExHamburger Marcus Berg hatte Chancen für zwei Spiele, auch der Leipziger Emil Forsberg vergab zwei gute Möglichkeiten. Nachdem Augustinsson den Bann gebrochen hatte, holte Berg den Elfmeter heraus, der Mexiko zu Boden drückte.
Andersson tobt und tobt
Nach den Siegen gegen die DFB-Elf
(1:0) und Südkorea (2:1) konnte Mexiko das bislang so erfolgreiche Konterspiel nicht wie gewohnt durchziehen. Einzig nach einem Fehlpass der Schweden hatte Carlos Vela eine gute Möglichkeit. Die Lateinamerikaner hatten allerdings Glück, als Schiedsrichter Nestor Pitana aus Argentinien bei einem Handspiel des Ex-Leverkuseners Javier „Chicharito“Hernández nach Sichtung der Videobilder kein Handspiel im Strafraum sah und einen möglichen Elfmeter verweigerte (29.). Schwedens Trainer Janne Andersson tobte an der Seitenline und ließ sich nur schwer beruhigen.
Auch nach dem Rückstand fand Mexiko kein Konzept und geriet nach einem sicher verwandelten Foulelfmeter von Kapitän Granqvist
0:2 in Rückstand. Zuvor hatte Héctor Moreno den Ex-Hamburger Marcus Berg im Strafraum von den Beinen geholt. Zu allem Überfluss traf Álvarez in der Schlussphase noch in das eigene Tor. Mexikos Trainer Juan Carlos Osorio ärgerte sich bei der Niederlage auch über den Gegner: „Ich respektiere, wie sie spielen. Aber es ist nicht die Art, wie ich spielen lassen will. Da geht der Ball vom Torwart zu den Stürmern.“Aber eben mit Erfolg.