Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Vogelkäfig wird zum Musikinstrument
„Die Hunde“präsentieren im Fauststudio Mix aus Lesung, Konzert und Performance
„Ihr sagt: Kunst kommt von Können. Ich sage: Kunst kommt von Kotzen. Kunst kommt von Kämpfen und Kanonen.
Kunst kommt von Krieg!“ SCHEER - Text und Ton, Bild und Sound, Film und Rhythmus – beim ersten bunten Abend im Fauststudio in Scheer hat die Band „die Hunde“dem Publikum mit einer Mischung aus Lesung, Konzert und Performance gleich diverse Kunstformen auf einmal angeboten. Jeremias Heppeler, sein Vater Christof Heppeler und Boris Petrovsky präsentierten sich temporeich, kritisch und in manchen Momenten auch nahezu unangenehm. „Was für ein Auftakt“, freuten sich die Gastgeber Hans-Joachim Irmler und Monika Nuber.
Die beiden waren nicht nur vom Auftritt der drei Künstler begeistert, sondern auch davon, dass sich gleich bei der ersten Auflage rund 40 Besucher in der Kantine der ehemaligen Papierfabrik in Scheer eingefunden hatten. „Genau so haben wir uns das vorgestellt“, sagt Irmler. „Wir kommen zusammen und verbringen gemeinsam einen schönen Abend, bei dem wir auch noch etwas Einmaliges zu sehen und zu hören bekommen.“
In der Tat hatten die Künstler Teile ihrer Performance speziell für den Abend in Scheer entwickelt. So trug etwa Christof Heppeler als Mann mit Hut und Bart einen Text vor, der beschrieb, wie sein Kontakt zum Fauststudio entstanden ist. Er erinnerte an das legendäre Klangbad-Festival und stellte fest, dass auch die „Provinz popfähig“ist, wenn die kleinsten Geschichten erzählt und zu Kunst werden. „Das hat mir am besten gefallen, dass ein Bogen entlang der Donau von Mühlheim nach Scheer gespannt wurde“, sagt Monika Nuber später. Während Christof Heppeler ruhig am Mikro steht und spricht, wirft sein Sohn Jeremias im Schlagzeugrhythmus von Boris Petrovsky mit schnellen Filzstiftstrichen Bilder aufs Papier. Kamera und Beamer übertragen diesen Akt auf ein weißes Laken, mit dem ein Fenster verhängt wurde, sodass die Zuschauer alles mitverfolgen können.
Kamera bringt neue Perspektiven
Diese haben es sich mit einem Getränk auf Sofas und Stühlen bequem gemacht und lassen Texte und Töne auf sich wirken. Während sie noch den in breitestem Dialekt verfassten Vierzeilern nachhängen hat sich Jeremias die Kamera gegriffen, zoomt ans Schlagzeug heran und lässt ihren Blick durch den Raum schweifen. Dann wird klar, warum zwischen den beiden Säulen der Kantine ein Seil gespannt ist. Mit einem Bogen streicht Heppeler darüber, was in der Soundmaschine seines Vaters ganz neue Klänge erzeugt.
Improvisation gehört dazu
„Wir haben einfach ausprobiert, mit welchen Gegenständen wir Töne erzeugen und verwenden können“, sagt Christof Heppeler nach der Performance. „Begonnen habe ich damit, dass ich einen Tonabnehmer an einen Vogelkäfig gehalten und geschaut habe, wie ich die Schwingungen am Computer umwandeln kann.“Eine Tuttlinger Künstlerin hat ihm einen Holzrahmen in Würfelform erstellt, dessen Inneres mit unzähligen Fäden verbunden ist. „Es ist kaum zu glauben, was da für Töne entstehen“, sagt Heppeler.
In vielen Proben haben die drei Künstler experimentiert, welche Sounds, Texte und Rhythmen zueinanderpassen. „Die Musik soll ja das De- und Rekonstruieren der Texte widerspiegeln“, so Heppeler. In Scheer hat die Band dann eine Verzahnung aus einstudierten und improvisierten Teilen präsentiert. „Es ist auch für uns immer sehr spannend, weil die Auftritte ganz unterschiedlich sein können.“Deshalb suchen sich die drei gern direktes Feedback aus dem Publikum und hören sich ihre Performances später noch einmal gemeinsam an. „Diesmal haben wir sehr viele wichtige Anstöße von Joachim Irmler bekommen“, sagt Heppeler. Dessen Team hatte nicht nur die Kantine soundmäßig perfekt vorbereitet, sondern Irmler selbst musikalisches Feedback gegeben.
In Erinnerung bleiben nach dem rasanten Auftritt neben den visuellen Eindrücken vor allem auch einzelne Textfragmente, die Jeremias Heppeler im zweiten Teil des Abends ins Mikro gesprochen oder gebrüllt hat. Das Zitat am Anfang des Artikels zum Beispiel oder „Der verdammte Aufschlag“, der einem nach langem „Schlag auf Schlag“nicht so schnell aus dem Kopf geht. Die Heppelers sind jedenfalls schon gespannt auf den nächsten bunten Abend und wollen diesen dann als Gäste erleben.