Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Rentenanwartschaften sollen für alle stabil bleiben“
BERLIN - Die Bundesregierung will Geringverdiener bei den Rentenbeiträgen entlasten. Tobias Schmidt befragte dazu Peter Weiß, den Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der Unionsfraktion im Bundestag.
Herr Weiß, nach den
Plänen von Arbeitsminister Hubertus Heil sollen Sozialabgaben statt ab 850 Monatseinkommen erst ab 1300 Euro fällig werden. Zieht die Union mit?
Im Koalitionsvertrag haben SPD und Union vereinbart, Geringverdiener zu entlasten und die sogenannte Midi-Job-Zone zwischen 451 und 850 Euro auszuweiten. Das wird in der Union nicht infrage gestellt. Es wird aber noch eine Diskussion darüber geben, ob 1300 Euro wirklich die richtige Grenze sind. Das sind natürlich wesentliche Gehaltsstufen.
Was bringt die Reform konkret im Portemonnaie?
Wer weniger als 1000 Euro im Monat verdient, erhält nun eine kleine Entlastung bei den Sozialversicherungen. Somit steigt der Nettoverdienst etwas. Für alle sollen aber die Rentenanwartschaften stabil bleiben.
Bundesarbeitsminister Heil will auch bei der Mütterrente die Pläne ändern: Statt nur Müttern von drei vor 1992 geborenen Kindern einen Rentenpunkt zu gewähren, sollen alle Mütter einen halben Punkt bekommen …
Dieser Vorschlag wäre geringfügig teurer als die jetzige Regelung und als unsere Vereinbarung im Koalitionsvertrag: Da steht, dass Müttern von drei vor 1992 geborenen Kindern einen zusätzlichen Entgeltpunkt für alle Kinder in der Rente gutgeschrieben bekommen. Die Erfahrung zeigt, dass Mütter mit drei und mehr Kindern zum Teil gar nicht mehr in den Beruf zurückkehren. Sie haben also deutlich längere Lücken in der Erwerbsbiografie und bei den Rentenanwartschaften als Frauen oder Familien mit weniger Kindern. Deswegen gehe ich davon aus, dass das jetzt auch im Gesetzentwurf stehen wird.
Mütterrente, Erwerbsminderungsrente, zugleich Beitrags- und Niveaustabilität: Wo sollen die Milliarden herkommen?
Nach derzeitigen Schätzungen braucht die Rentenversicherung ab
2023 zusätzliche Steuermittel aus dem Bundeshaushalt. Dafür wird man im Gesetzgebungsverfahren Vorsorge treffen müssen. Doch Alarmismus ist nicht nötig: Als die Große Koalition vor vier Jahren ihr Rentenpaket verabschiedete, fürchteten Experten, dass die RentenRücklagen in wenigen Jahren aufgefressen seien und es spätestens
2019 eine Beitragserhöhung geben müsse. Und was ist geschehen? Die Rücklagen der Kassen sind nicht gesunken, sondern gestiegen. 2018 und 2019 werden die Rentenbeiträge sogar gesenkt.