Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Proteste und Pyrenäen
Alaphilippe gewint 16. Tour-Etappe – Thomas bleibt vorne
BAGNÈRES-DE-LUCHON (SID/dpa) Tränengas, brutale Stürze und große Emotionen: Julian Alaphilippe hat als Ausreißer die verrückte erste Pyrenäen-Etappe der 105. Tour de France gewonnen. Die Topfavoriten Chris Froome, Geraint Thomas und Tom Dumoulin hielten sich einen Tag vor dem womöglich vorentscheidenden Berg-Showdown in einem Rennen zurück, das nach einem Polizeieinsatz gegen protestierende Landwirte unterbrochen werden musste – die dabei verwendeten Reizstoffe bekamen auch Froome und Co. zu spüren.
Der freudestrahlende Alaphilippe konnte sein Glück nach seinem zweiten Tour-Coup binnen acht Tagen kaum fassen. „Das ist absolut fantastisch“, sagte der 26-jährige Franzose vom Team Quick-Step Floors. Er hatte sich nach 218 Kilometern mit zwei Bergen der ersten Kategorie und einer rasanten Schussfahrt ins Ziel mit
15 Sekunden Vorsprung vor dem Spanier Gorka Izagirre (Spanien/Bahrain-Merida) durchgesetzt. Alaphilippe, Führender in der Bergwertung und bereits eine Woche zuvor Sieger der Alpen-Etappe nach Le GrandBornand, war Teil einer ursprünglich
47 Fahrer starken Fluchtgruppe. Der Gesamtführende Thomas kam zeitgleich mit seinen beiden großen Widersachern knapp neun Minuten nach Alaphilippe ins Ziel und verteidigte das Gelbe Trikot mühelos. Vor dem höllischen Abschnitt am Mittwoch über nur 65 Kilometer, aber drei mächtige Berge, führt Thomas weiterhin mit 1:39 Minuten Abstand zu seinem britischen Landsmann und Sky-Teamkollegen Froome sowie mit 1:50 Minuten Vorsprung auf den Niederländer Dumoulin (Sunweb).
Der größte Aufreger fiel bereits in die Anfangsphase der Etappe: Nach rund 30 Kilometern blockierten Landwirte, die ihren Unmut wegen der Kürzung finanzieller Mittel durch den Staat zeigen wollten, die Strecke vor den herannahenden Fahrern mit Heuballen. Die Gendarmerie, die zudem noch freigelassene Schafe bändigen musste, setzte gegen die Demonstranten Tränengas ein. Das wehte allerdings auch den Radprofis in die Augen. Zahlreiche Fahrer hatten mit den Folgen zu kämpfen, schnappten nach Luft und wuschen sich mit Wasser die Augen aus. Wenige hundert Meter später wurde das Rennen neutralisiert und unterbrochen, damit Ärzte die Betroffenen behandeln konnten.
Gilbert stürzt, Sagan darf jubeln
Dies blieb nicht die einzige unschöne Szene: Rund 60 Kilometer vor dem Ziel verbremste sich der belgische ExWeltmeister Philippe Gilbert (QuickStep) alleine in Führung liegend in einer Linkskurve einer Abfahrt, blieb mit seinem Rad an einer Begrenzungsmauer hängen und fiel kopfüber mehrere Meter in die Tiefe. Nach bangen Momenten konnte Gilbert das Rennen fortsetzen. Am Abend allerdings musste er ins Krankenhaus; er klagte über Schmerzen im linken Knie. Tour vorbei! Besser erging es dem dreimaligen Weltmeister Peter Sagan (Bora): Er sicherte sich vorzeitig das Grüne Trikot.