Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bischöfe uneins über Kommunion für Protestanten
Im Streit, auch evangelischen Ehepartnern von Katholiken Zugang zur Kommunion zu verschaffen, handeln die Diözesen unterschiedlich
BERLIN (dpa) - Nach einem monatelangen Streit unter den katholischen Bischöfen zum Umgang mit protestantischen Ehepartnern deutet sich ein Flickenteppich unterschiedlicher Vorgehensweisen in den deutschen Diözesen an. Das ergab eine Umfrage unter den 27 Bistümern. Zwölf Diözesen gaben an, sie wollten die umstrittene Orientierungshilfe – wonach protestantische Ehepartner künftig unter bestimmten Umständen ebenfalls an der katholischen Kommunion teilnehmen dürfen – umsetzen oder hätten das schon getan.
Fünf Bistümer – Köln, Augsburg, Passau, Bamberg und Regensburg – äußerten sich dagegen ablehnend. In weiteren neun Diözesen wurde den Angaben zufolge noch keine Entscheidungen getroffen. Das Bistum Hildesheim äußerte sich zunächst nicht. Im Februar hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) in der Kommunionsfrage zwar ein Reformpapier mit einer Dreiviertelmehrheit beschlossen – mehrere Bischöfe um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wehrten sich im Anschluss aber öffentlich gegen eine verbindliche Umsetzung in den Bistümern und schalteten den Vatikan ein. Ende Juni schlossen die Bischöfe einen Kompromiss. Dieser sieht vor, dass jeder Bischof selbst entscheiden soll, ob er die Handreichung in seinem Landstrich in Kraft setzt – oder nicht.
„Wir sind jetzt mitten im Prozess der Umsetzung, der leider die Gefahr eines Flickenteppichs in der praktizierten Ökumene zur Folge haben kann“, sagte der Sprecher der katholischen Reformbewegung „Wir sind Kirche“, Christian Weisner. Die „unsäglichen Auseinandersetzungen“unter den Bischöfen zeigten, „wie schwer sich die Bischöfe mit jeder theologischen und pastoralen Weiterentwicklung und auch mit der konkreten Ökumene“täten.
Anlässlich des Richtungsstreits hatten im Frühjahr neben dem Kölner Kardinal Woelki auch die Bischöfe aus Bamberg, Augsburg, Passau, Regensburg, Eichstätt und Görlitz einen Brandbrief an den Vatikan unterzeichnet. Wenig überraschend hat nach dem Kompromiss bislang auch keines dieser sieben Bistümer die Orientierungshilfe im eigenen Sprengel in Kraft gesetzt. In Eichstätt wolle man „in nächster Zeit“mit dem Priesterrat und anderen Gremien absprechen, wie man mit dem Reformpapier umgehe, hieß es.
Gegenspieler Woelki
Aus Woelkis Bistum waren deutlichere Worte zu hören. In Köln sehe man „keinen Handlungsbedarf“, die von der DBK empfohlene Orientierungshilfe umzusetzen, hieß es. Woelki gilt in dem Streit als mächtigster Gegenspieler des reformorientierten DBKVorsitzenden Reinhard Marx, der auch dem Bistum München und Freising vorsteht.
Vor allem innerhalb Bayerns findet Marx weiter kaum Unterstützung. In Augsburg, Passau, Bamberg und Regensburg ist eine Umsetzung des Papiers erst mal kein Thema. Ein Augsburger Bistumssprecher sagte: „Papst Franziskus selbst ist (…) zur Auffassung gekommen, dass das Dokument noch nicht zur Veröffentlichung reif ist.“Angesichts dessen vertraue man „wie bisher schon“auf die Erfahrung der Seelsorger. Der Würzburger Bischof Franz Jung will eine mögliche Umsetzung der Orientierungshilfe „in der kommenden Zeit“mit seinen diözesanen Räten noch „intensiv“diskutieren.
Zwölf Bistümer sind schon einen Schritt weiter. Neben dem Bistum München und Freising empfahlen auch die zuständigen Bischöfe der Diözesen Hamburg, Rottenburg-Stuttgart, Freiburg, Paderborn, Essen, Erfurt, Limburg, Speyer, Aachen, Magdeburg und Osnabrück ihren Seelsorgern die Orientierungshilfe. Noch mehr oder weniger unentschlossen über den künftigen Umgang mit dem Reformpapier sind die Kirchenoberen auch in Münster, Mainz, Trier, Fulda, Dresden-Meißen und Berlin.