Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zur Person Unterhändler
Nur wenige haben geglaubt, dass EU-Kommissionschef Juncker US-Präsident Donald Trump im Handelsstreit zum Einlenken bewegen kann. Zuletzt sorgten sich Politiker um den Gesundheitszustand des
63-Jährigen. Bilder vom NatoGipfel in Brüssel von Mitte Juli zeigen, wie der niederländische Premierminister Mark Rutte und der portugiesische Regierungschef Antonio Costa den schwankenden Luxemburger stützen müssen. In sozialen Medien spottete man über den vermeintlich betrunkenen Juncker. Dieser begründete sein Wanken mit einem Ischias-Anfall.
Juncker hat Trump Zugeständnisse abgerungen. EUFinanzkommissar Günther Oettinger lobte, Juncker habe „sehr gut verhandelt: sportlich, burschikos und bereit zur Einigung“. Und auch Trump scheint der leutselige Vollblutpolitiker zu gefallen. „Es herrschte große Wärme und Gefühl im Raum“, schrieb er auf Twitter. „Überraschend“gut kämen beide miteinander aus, sagte Juncker nach dem Durchbruch der Webseite „Politico“. Trump schätze es, „dass ich ihn bei den G7Treffen zweimal herausgefordert habe, hart in der Sache, aber höflich im Ton. Er mag Leute nicht, die um den heißen Brei herumreden.“
Das ist Junckers Sache ohnehin nicht. Umarmungen, Schulterklopfen, ein dicker Kuss und seine manchmal schelmische Art gehören zu seinen Markenzeichen. Ungarns umstrittenen Regierungschef Viktor Orban begrüßt Juncker schon mal frech mit „Hallo Diktator“.
Die europäische Integration ist Junckers Lebensaufgabe. Er ist in einer Familie aufgewachsen, die in der christlichen Arbeiterbewegung aktiv war. Sein Vater, ein Hüttenwerkspolizist, wurde von den deutschen Besatzern Luxemburgs zum Dienst in der Wehrmacht zwangsverpflichtet. Das Credo Junckers lautet: Nie wieder Krieg.
Anfang 1995 wurde der Jurist luxemburgischer Premierminister, von 2005 bis 2013 war Juncker Vorsitzender der Eurogruppe. Zum Präsidenten der Europäischen Kommission wurde Juncker ein Jahr später gewählt. (dan/dpa/AFP)